Über schräge Kurven, dann auf einem circa 10 Zentimeter dicken Holzbalken balancieren und über kleine Erhöhungen springen; dabei möglichst nicht umkippen, nicht zu schnell und nicht zu langsam unterwegs sein. Das hört sich zunächst einfach an, aber so leicht ist es nicht. Die beschriebenen Elemente stehen im neuen Mountainbike Park des Goethe-Gymnasiums und erfordern, gerade für Neueinsteiger auf dem Gebiet Mountainbiking, einiges an Überwindung und Können.

„Die Idee für diesen Platz entstand vor etwa zwei Jahren, weil wir wussten, dass der Platz hinter der Schule nicht genutzt wird“, so Marco Ruppert, Sportlehrer am Goethe-Gymnasium und Organisator des Mountainbike-Parks. Er selbst fährt seit seiner Kindheit Mountainbike und genießt dabei die Natur, die Stille, den Wald und den Entspannungscharakter als Ausgleich von ständigen Geräuschen. Auch unser Schulleiter Joachim Bollmann musste nicht erst überzeugt werden. Er sieht es als seine Aufgabe, den Lehrer*innen den Rücken zu stärken und die Verantwortung, mit dem Schulträger zu sprechen, zu übernehmen. Ganz besonders aber sei seine Aufgabe, das Schulprofil „Sport“ der Schule weiterzuentwickeln und zu unterstützen. „Ich komme von einer anderen Schule, die schon Erfahrungen mit Dirt Park hat, und von daher wusste ich einfach, worum es geht; und mir war bewusst, wie das auf eine Schulgemeinde wirkt und was für eine große Attraktivität das für die Schule, für die Eltern, für die Schülerinnen und Schüler bedeutet“, erzählt Bollmann.
Ruppert erklärt zur Entstehung des Parks: „Vor einigen Jahren war ich mit einem Kollegen auf einer Fortbildung zum Mountainbiken und am Ende dieser Fortbildung wurde uns gesagt, dass wir nun eine sogenannte Bike-School in Hessen werden können. Bis dahin wussten wir noch gar nicht, was das ist“, so Ruppert, und er erklärt, dass Bike-Schools durch ein Landesprogramm, gefördert von der AOK, entstehen, wenn eben solch eine Fortbildung besucht wurde. Dieses Landesprogramm statte die Schulen, sofern sie das Geld auftreiben können, mit 16 Fahrrädern aus, für je 100€. Der normale Preis eines Mountainbikes liege bei 700€-800€. Die Differenz übernehme Bikepool e.V. und so könne man zu einer von mittlerweile vielen Bikeschools in Hessen werden.
Das Goethe-Gymnasium bietet nun nicht nur die Räder, sondern im neunen Mountainbike-Park auch passende Elemente an. Das Angebot kann von Schüler*innen der Schule genutzt werden, zum Beispiel in der einmal wöchentlich stattfindenden Mountainbike AG. „Das Mountainbike fahren bietet vom Technischen her unglaublich viel. Mit normalen Fahrrädern kann man Dinge wie Treppen hinunterfahren und auch bestimmte Hindernisse nicht machen, weil da ganz andere Komponenten sind, beispielsweise fehlt die nötige Federung“, erklärt Ruppert. Die Schüler*innen lernen in der AG mit dem Vorderreifen an ein Hindernis zu fahren, dadurch zu bremsen und dann, statt vom Rad abzusteigen, in den Pedalen stehen zu bleiben, sie versuchen während des Fahrens sich seitlich neben den Sattel zu setzen, sodass sie mit einer Hand beim Fahren Hütchen vom Boden nehmen können. Auch wenn nicht alles auf Anhieb klappt, versuchen sie es immer wieder und scheinen auch Spaß dabei zu haben.
Der ganze Aufwand des Platzes wurde aber natürlich nicht ausschließlich für die Bikeschool und die Mountainbike AG betrieben, auch im Unterricht kann der Parkour nun angewendet werden, nachdem alle Sportlehrkräfte eine Fortbildung gemacht haben. Auch Jens Pflüger, Sportlehrer und auch Schulsportleiter des Goethe-Gymnasiums, möchte die neuen Möglichkeiten auf jeden Fall im Unterricht nutzen. Er sagt zu dem neuen Platz: „Wenn wir das sportliche Angebot hier an der Schule erweitern können, unterstütze ich das, ob ich privat Mountainbike fahre oder nicht, aber je mehr Sportanlagen wir haben und je vielfältiger wir uns im Sport aufstellen, umso schöner finde ich das für die Schüler*innen.“

Bollmann findet: „Es ist ein schönes Projekt, weil es von den Kolleginnen und Kollegen ausgegangen und mit so viel Energie verfolgt worden ist. Dass das Projekt sich jetzt so ausweitet, das freut mich natürlich sehr, weil es viel mehr bedient, als wir ursprünglich im Kopf hatten. Es ist eine Erweiterung um das Angebot am Nachmittag. Es gibt den Kontakt mit einer neuen Sportart, die man eigentlich nicht so häufig macht. Allein das hätte schon als Argument ausgereicht“. Bollmann erzählt, dass jetzt eben aber noch hinzukomme, dass das wirklich durch diese Dimension in den Schulunterricht einwandere, dass es einfach genutzt werden könne, dass die Kolleginnen und Kollegen mittlerweile fortgebildet seien, dass es wirklich ein Bestandteil des Unterrichts sei und, dass es irgendwann vielleicht auch mal ein Baustein im Abitur Sport- Leistungskurs werde. „Ich glaube, das ist wirklich eine Bereicherung der Bewegungserfahrung von Schülerinnen und Schülern“, so Bollmann.
Herr Ruppert kann sich auch vorstellen, an Wettkämpfen teilzunehmen. „Es gibt Jugend trainiert für Olympia mittlerweile auch für Mountainbike. Wir haben noch nie teilgenommen, weil wir noch nie genug Schüler*innen hatten, auch durch Corona gab es immer Gründe, um es nicht zu machen, außerdem gab es Mountainbike Jugend trainiert für Olympia erst zwei oder drei Mal. Ich könnte mir aber auch vorstellen, mal mit einer Schüler*innengruppe einen Bike-Marathon zu machen.“
Doch all das Equipment ist und bleibt ausschließlich dem Goethe-Gymnasium vorbehalten. Der Platz ist für andere nicht nutzbar. „Das hat zwei Gründe“, erklärt Marco Ruppert. „Zum einen gibt es das Immissionsschutzgesetz. Es geht dabei um Lärm, der bei der Nutzung entsteht. Der Platz ist zu dicht an den Wohnhäusern, weshalb man dort keine Öffentlichkeit Sport machen lassen darf, für den Sportunterricht gibt es aber Ausnahmeregeln. Der zweite Grund ist, dass, wenn der Platz öffentlich gewesen wäre, wir öffentliche Gelder hätten beantragen können, aber das wollten wir vermeiden. Wir sind der Meinung, dass, wenn wir fremdes Publikum auf dem Platz haben, wir von den Hindernissen aufgrund von Vandalismus und einer viel höheren Nutzung der Hindernisse nicht mehr besonders viel übrig hätten.“
Dadurch, dass keine öffentlichen Gelder beantragt wurden, mussten die 33.000 €, die der Bau dieses Platzes gekostet hat, aus anderen Quellen genommen werden. Dafür gab es verschiedene Förderer. 28.000 € hat die Schule durch eine Spendengemeinschaft von verschiedensten Firmen und Unternehmen eingenommen, 5.000€ hat der Förderverein der Schule dazugegeben. Insgesamt hat es eineinhalb Jahre gedauert, bis der Platz fertig wurde. Der reine Bau der Elemente, die alle im Baltikum gefertigt wurden, belief sich auf vier Monate, allerdings war die Lieferzeit verzögert, sodass der Platz erst am 23. Dezember 2021 aufgebaut wurde.
Bevor die Elemente aufgebaut wurden, war der Platz hinter der Schule ein abgesperrter alter Sportplatz. „Es ist so, dass wir den Platz für den Sportunterricht seit über 10 Jahren nicht nutzen können, weil der Boden sich abgesenkt hat. Das ist so, weil das ein alter Bombenkrater aus dem zweiten Weltkrieg ist und nach dem zweiten Weltkrieg einfach Schutt und Holz reingeschüttet wurden, und das rottet mit der Zeit. Deshalb hat sich der Platz abgesenkt. Er ist schon einmal ausgebessert worden, aber es hat sich an der gleichen Stelle wieder eine Senke gebildet und deswegen durften wir ihn nicht mehr für normalen Sportunterricht nutzen. Das fanden wir sehr schade, weil das eine schöne Freifläche war mit Sprunggrube und allem Drum und Dran. So kamen einige Sportkollegen, unter anderem Herr Ruppert, auf die Idee, auf diesem Platz einen Mountainbike-Park anlegen zu lassen und fürs Fahrradfahren wurde uns der Platz trotz Senke zugestanden“, so Jens Pflüger.
Auch wenn bis jetzt noch nicht so viele Schülerinnen und Schüler den Platz gesehen und ausprobiert haben, finden die, die ihn bereits gesehen haben, ihn sehr cool. „Es ist ja auch ein Alleinstellungsmerkmal mit Aufforderungscharakter“, betont Ruppert.
In Zukunft werden sicherlich noch viele dort ausprobieren zu fahren, viel Neues lernen und die Kinder und Jugendlichen können sich freuen, an einer Schule zu sein, die dem Sport so sehr verbunden ist und ihren Schülerinnen und Schülern etwas so Besonderes bieten kann.