Günther – aus dem Leben einer Brotdose

Hey, ich bin Günther, eine Brotdose. Aber nicht irgendeine Brotdose: Ich bin die coolste und stylischste der Welt. Und ich gehöre Nina. Als ich gekauft wurde, dachte ich, dass das Glück auf meiner Seite ist, aber am nächsten Tag stellte sich leider ziemlich schnell das Gegenteil ein. An einem Mittwochmorgen wurde ich doch tatsächlich aus dem Schrank geholt, geöffnet und befüllt, mit Joghurt, einem Löffel und zwei Broten mit Käse. Toll, das hatte irgendwie gar keinen Stil, aber vermutlich war es immer noch besser als Leberwurstbrote.

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Dann ging es weiter: Ich wurde in den Rucksack gepackt, in dem es sehr muffig roch. Meine Lust, mit in die Schule genommen zu werden, hielt sich sehr in Grenzen . Als ich mich in der großen Pause auf dem Tisch im Klassenraum wiederfang, sagte Nina: „Wie findet ihr eigentlich meine neue Brotdose, ich liebe das Einhorn darauf!“ „Ich finde sie ganz schön, aber deine alte mit dem Regenbogen fand ich um einiges besser!“ Nina nahm sich den Joghurt und den Löffel aus mir heraus und sagte mit vollem Mund: „Naja, das ist ja auch Geschmackssache.“ Ich hörte die anderen Brotdosen auf den Tischen und in den Schultaschen schon lachen – das war echt peinlich. War da wirklich ein Einhorn auf meinem Deckel??Egal, die nächste Tortur ließ nicht lange warten, denn Nina aß gerade den letzten Happen ihres Joghurts und legte den angelutschten Löffel in mich! Bähhhh!!! 

Leider kam gerade der Lehrer in die Klasse und alle Brotdosen mussten ganz schnell in die Schulranzen gepackt werden. Hier roch es immer noch unheimlich muffig, aber ich tröstete mich damit, dass morgen hoffentlich ein besserer Tag werden würde. Was soll ich sagen, es kam natürlich wieder völlig anders und ich beschloss, den Optimismus aus meinem Leben zu verbannen: Nina vergaß mich am nächsten Tag in der Schule und ihre Klassenkameraden kickten mich auf dem Flur hin und her. Als ihnen das zu langweilig geworden war, waren sie plötzlich weg und ich lag einsam und verlassen auf dem kalten Boden. Mit einem Einhorn auf dem Deckel, kein Wunder!! Ein paar Minuten später kam der Hausmeister und nahm mich mit. Endlich kümmerte sich jemand um mich! Aber er ging mit mir in ein anderes Gebäude und legte mich in eine Vitrine zu vielen Dingen, die aufgeregt miteinander plapperten: Schals, Mützen, Kunstkisten, Jacken und vieles mehr. Als der Hausmeister ging, lachten meine neuen Mitbewohner: „Du wurdest auch vergessen, oder?“ Und da liege ich bis heute, in der Vitrine mit vergessenen Dingen.