Punk-Musik, Jugendkultur und Lebensart

Von unserem Mitarbeiter David Fröhlich (08.09.2006 01:39)

England, 1977, der Siegeszug des Punks beginnt. Die Sex Pistols veröffentlichen ihr erstes und einziges echte Studio-Album „NEVER MIND THE BOLLOCKS“, und die bisherige Untergrundbewegung Punk erhält ihre berüchtigte Leck-mich-am-Arsch-Attitüde und die ,,No Future“-Mentalität. Zwar war der Klang der Musik gegenüber den amerikanischen Vorbilden wie den Drei-Akkord-Helden der Ramones nicht wirklich neu, aber die Sex Pistols und The Damned, die andere große Punkband der ersten Stunde, machten den Punk zur bestimmenden Musik- und Jugendkulturszene dieser Zeit.

David Fröhlich, nicht unbedingt ein Vertreter des Mainstreams

Anfang der Achtziger rückte dann die zweite Welle von Bands in den Mittelpunkt der Szene. Gruppen wie die Dead Kennedys, Agnostic Front und The Exploited brachten ein radikales politisches Bewusstsein in die Bewegung und machten den Punk zu dem, was er heute ist.
Gewisse Grundideen aus den Anfängen mögen heute wegfallen, der politische Gedanke ist aber häufig noch erhalten, und das macht diese Musik zu etwas besonderem. Wer singt heute noch über politische Themen, die uns doch eigentlich alle betreffen? Es ist – mir zumindest – doch relativ wichtig, dass die Musik, die ich höre, wenigstens etwas Tiefgang hat. Gerade in unserem modernen Medienzeitalter sollte eigentlich die Öffentlichkeit über alles Bescheid wissen. Doch wer geht heute noch auf die Straße um gegen den Irakkrieg oder gegen Hartz IV zu demonstrieren, obwohl es unsere Zukunft ist!!! Aber dem Großteil der Jugend in Deutschland ist das egal. Politik, kein Bock! Alles ignorieren und einfach wegsehen ist der größte Fehler unserer Generation.

Die Punks am Goethe-Gymnasium…

1998 bekam ich mein erstes Punkalbum geschenkt: REFUSED – The Shape Of Punk To Come. Es kamen weitere Platten hinzu, zum Beispiel von den Deftons oder Pennywise. Musik wurde immer wichtiger, um die eigene Persönlichkeit darzustellen. Die Ablehnung gegenüber dem Mainstream führte dann fast zwangsläufig zum Punk, denn wer nicht zeigt, dass er anders ist, schwimmt auch nur mit dem Strom, zu dem ich auf keinen Fall gehören möchte. Denn die Allgemeinheit verkommt zu einem Haufen von Wegschauern und Ignoranten. Punk heißt Widerstand gegen die Missstände der modernen Gesellschaft.
Punk verbindet Jugend, Musik und Gesellschaft auf eine Art und Weise, wie sie einmalig ist. Er ist einfach anders und macht dich anders, hebt dich von der langweiligen Masse ab, in der viele zu versinken drohen. Punk gibt dem Leben eine gewisse Richtung, die einige als schlecht ansehen. Dies zeugt aber nur von der Ahnungslosigkeit, wenn nicht sogar Dummheit dieser. Punk soll wachrütteln und Probleme aufzeigen oder einfach nur Spaß machen. Die Meinung anderer ist hier egal, denn es geht nicht ums ,,Cool-Sein“ wie in der Scheinwelt des Mainstream. Ich kann selbst sein und tun und lassen, was ich selbst für richtig halte. Punk gibt mir die Freiheit, die man in der modernen Pop-Kultur nicht mehr hat.

… sind das Salz in der Suppe.

Das häufig negative Bild über Punks versucht ein Leserbrief in der HNA zur Situation in der Innenstadt zu entkräften.

Ihr Artikel über die Kasseler Szene und deren Auswirkungen aus die (Innen-) Stadt ist voller Fehlinformationen. Allein schon, dass Sie Punker, Fixer und Alkoholiker in einen Topf werfen, ist ungeheuerlich. Kein Punk gehört der Szene der Fixer oder der Szene der Alkoholiker an. Ich selbst bin in der Kasseler Punkszene und weiß, dass keiner von uns Kirchen, geschweige denn Altäre verunreinigt. Die Szene ist sowieso schon mit tausenden von negativen Vorurteilen behaftet und Ihr Artikel macht nichts besser. Er vermittelt den Eindruck, dass Punks immer schlechte Menschen sind.

Ich denke nicht, dass einer von Ihnen jemals einen Punk persönlich kennen gelernt hat, sonst wüssten Sie, dass wir offene, ehrliche und solidarische Menschen mit einem etwas anderem Lebensstil sind. Wir tragen unser Lebensgefühl lediglich nach außen und zeigen, was wir denken und fühlen. Was soll daran schlecht sein? Ich bin lieber ein Punk, als ein Mensch mit negativer Lebenseinstellung, der auch noch voller Vorurteile ist.

Marlene Löher, Kassel