Genozid in Ruanda

Von unserer Redakteurin Gianna Dalfuß (16.05.2010)

800.000 bis 1.000.000 Tote in 100 Tagen des Schreckens. Der Genozid in Ruanda lies Nachbarn zu Mördern werden. Vor 16 Jahren ereignete sich in dem Land der tausend Hügel dieses unvorstellbar grausame Abschlachten der Mitmenschen vor den Augen der Weltöffentlichkeit.

 Die schrecklichen Bilder des Genozids

Am 22.04.2010 wurde im Cineplex Kassel der Film „Shooting Dogs“ zum Gedenken an die Opfer des Völkermords in Ruanda gezeigt. Zunächst leitete Dr. Wolfgang Reinhardt in die Geschehnisse von 1994 mit einem kleinen Vortrag ein. In der dunklen Kinoatmosphäre berichtet er über die Hutu und Tutsi, um die es im Wesentlichen geht:

Schon in der vorkolonialen Zeit zeichnete sich in Ruanda eine gesellschaftliche Teilung in die Gruppen Hutu und Tutsi ab. Die Tutsi bildeten zwar die Minderheit, hatten aber einen höheren gesellschaftlichen Stellenwert. Während der Kolonialherrschaft von Belgien wurde diese Entwicklung durch die Rassentheorien der unwissenden Kolonialherren noch verstärkt. Sie teilten die Bevölkerung durch Vermessung des Körpers in die verschiedenen Gruppen ein und vermerkten dies in einem Pass. Das führte dazu, dass die Kluft zwischen den Tutsi, die meist bedeutende Stellungen einnahmen, und den Hutu, die Ackerbauer waren, immer größer wurde. Bis es schließlich 1994 zu dem erschreckenden Genozid kam. Die Hutu hatten sich bereits in den Jahren zuvor immer wieder gegen die Tutsi-Herrschaft aufgelehnt und für ihre Rechte gekämpft, doch durch massive Aufrüstung und Tutsi-feindliche Propaganda nahm der Konflikt unbeschreibliche Ausmaße an.

Der Film handelt von einer Schule in Ruanda, die von einem sehr engagierten Pfarrer geleitet wird. Während des Genozids nimmt diese Schule Tausende Flüchtlinge auf und wird ständig durch die vor den Toren wartenden Hutu bedroht. Nur durch die Anwesenheit der französischen Blauhelmtruppen werden die Tutsi vor dem Tod geschützt. Doch diese Truppen dürfen ausschließlich im Falle eines Angriffs schießen und werden letztendlich auf Befehl ihrer Vorgesetzten noch während des Genozids zurückgezogen und die Menschen werden ihrem Schicksal überlassen.

Der Film zeigt drastisch das Handeln der UN während dieser Zeit und ist keinesfalls übertrieben. Die UN weigerten sich, die Tötungen in Ruanda als Völkermord anzusehen, um der Pflicht zu Handeln zu entgehen. Denn nur wenige Jahre zuvor gab es in Somalia einen ähnlichen Fall, bei dem ausländische Soldaten misshandelt und regelrecht abgeschlachtet worden waren. Dies wollte man verhindern, doch man sicherte das Leben weniger Soldaten und opferte dafür das Leben tausender Ruander.

Eine Situation, die zwar in den Medien heftigst kritisiert wurde, aber wer denkt heute noch an die Geschehnisse in Ruanda. Dies ist der Grund, warum Dr. Wolfgang Reinhardt mit seiner Frau, die eine der wenigen Überlebenden ist, versucht durch Informationsabende die Katastrophe wieder in das Gedächtnis der Menschen zu holen. Herr Scheer, der sich schon seit fast einem Jahr mit der Thematik beschäftigt, und ebenfalls die Vorstellung besucht hat, meint: „Es war sehr informativ und die Einführung über die Ursachen und die Situation in Ruanda ist auch notwendig, um den Film und das, was dieser zeigen will zu verstehen. Allerdings bin ich auch etwas traurig über das mangelnde Interesse der Leute.“

Im Vorfeld hatte er versucht, einige Schüler für die Veranstaltung zu gewinnen, doch leider ohne Erfolg. Die Schüler haben einiges verpasst, denn spätestens nach dem Erlebnisbericht von Denise Uwimana Reinhardt wurde klar, dass die Geschehnisse und die Reaktion der UN zwar unbegreiflich bleiben werden, aber das Gespräch darüber zur Aufklärung der Bevölkerung dienen soll. Schließlich wurde schon nach dem Genozid Hitlers gesagt, dass sich nie wieder etwas Ähnliches ereignen würde. Ruanda beweist das Gegenteil mit einer höheren Tötungsrate pro Tag als zur Zeit der Konzentrationslager.