Allerheiligen-Gottesdienst

Von unserem Religionslehrer Michael Kräbs (04.11.2007)

Der jährliche Schulgottesdienst zu Allerheiligen lockte auch in diesem Jahr wieder viele Schülerinnen und Schülerin die Bonifatius-Kirche im Wesertor. Religionslehrer Herr Kräbs schildert die Erlebnisse des erfolgreichen Vormittags.

 

Eine gute Frage ist immer wieder, was einen Heiligen auszeichnet. Sind Heilige nicht eher „langweilig“? Richtige Vorbilder in der Welt von heute können sie doch kaum sein? Die Schüler der Jahrgangsstufe 8 aus den Klassen von Frau Müller und Frau Fischer haben Vorbilder untersucht und Heilige. Dabei haben sie eine interessante Entdeckung gemacht: Vorbilder sind Menschen, die den Mut aufbringen und „ohne mit der Wimper zu zucken“ das „Richtige tun“ in Situationen, wo die anderen einen Bogen drum machen.

 

Das haben wir untersucht und im Gottesdienst vorgestellt.

 

Wer ist mein Mitmensch? (Lukas 10 29-37)

 

Der Gesetzeslehrer fragte Jesus:

Wer ist denn mein Mitmensch?

Jesus begann zu erzählen:

 

Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho. Unterwegs überfielen ihn Räuber.

Sie nahmen ihm alles weg, schlugen ihn zusammen und ließen ihn halbtot liegen.

 

Nun kam zufällig ein Priester denselben Weg. Er sah den Mann liegen, machte einen Bogen um ihn und ging vorbei.

Genau so machte es ein Levit: Er sah ihn und ging vorbei.

Schließlich kam ein Mann aus Samarien. Als er den Überfallenen sah, hatte er Mitleid.

Er ging zu ihm hin, behandelte seine Wunden mit Öl und Wein und verband sie. Dann setzte er ihn auf sein eigenes Reittier und brachte ihn in das nächste Gasthaus, wo er sich um ihn kümmerte.

Am anderen Tag gab er dem Wirt zwei Silberstücke und sagte:

„Pflege ihn! Wenn du noch mehr brauchst, will ich es dir bezahlen, wenn ich zurückkomme.“

 

„Was meinst du?“ fragte Jesus. „Wer von den dreien hat an dem Überfallenen als Mitmensch gehandelt?“

Der Gesetzeslehrer antwortete: „Der, der ihm geholfen hat!“

Jesus erwiderte: „Dann geh und mach es ebenso!“

 

Jesus wollte damit die Menschen aufhorchen lassen. Damit wir diese Situation in das Jahr 2007 auch schaffen, haben wir das Evangelium verfremdet. Die drei „besten“ haben wir im Gottesdienst in der Predigt vorgestellt. Hier sind sie:

 

Belinda, Miriam, Julia: Der nette Herr von der Konkurrenz

 

An einem Montagmorgen ging unglücklicherweise ein Bus kaputt, indem Herr Müller mitfuhr. Er war sehr in Eile, denn er hatte einen wichtigen Termin.

 

Er stellte sich als Anhalter an den Straßenrand. Bald darauf fuhr ein guter Freund von ihm dieselbe Straße entlang. Herr Müller winkte ihn energisch heran, doch sein Freund machte einen Bogen um ihn und fuhr einfach vorbei. Kurze Zeit später fuhr ein Arbeitskollege von Herrn Müller vorbei, der dasselbe Ziel wie Herr Müller hatte, weil er in derselben Abteilung arbeitete. Aber auch diesmal winkte Herr Müller vergeblich.

 

Fünf Minuten später fuhr Herr Berger, ein Mitarbeiter des größten Konkurrenzunternehmens vorbei, der an denselben Projekten wie Herr Müller arbeitete. Herr Berger sah Herr Müller winken. Und statt ihn auszulachen oder auch an ihm vorbei zu fahren hielt Herr Berger tatsächlich an. Er fragte, ob er helfen könne, ließ Herrn Müller einsteigen und fuhr ihn sogar bis vor die Tür seiner Arbeit!

 

Karolina: Das Beispiel des Obdachlosen

 

Eines Tages ging der sehr reiche Herr Schmidt zum Kiosk. Er hatte die größte Fabrik der Stadt und gab sehr vielen Menschen Arbeit. Doch war er auch bekannt dafür, dass er nur denjenigen zu einem Arbeitsplatz verhalf, der seine politischen Ansichten teilte.

 

Wie er also, um Tabak einzukaufen, zum Kiosk ging und um die Ecke bog, traf er zwei Jugendliche, die ihn mit einem Messer bedrohten und ausrauben wollten. Sie stießen ihn um und er fiel mit seinem Kopf so unglücklich auf einen Stein, dass er sein Bewusstsein verlor und stark blutete. Die Jugendlichen raubten ihm alles, was er hatte und ließen ihn verletzt liegen.

 

Es kam ein Schüler vorbei, der sich erst eine Woche zuvor um einen Ausbildungsplatz in der Firma von Herrn Schmidt beworben hatte. Er sah ihn blutend liegen, aber statt zu helfen oder Hilfe zu holen, machte er nur einen großen Bogen um den verletzten Mann und er tat, als würde er ihn gar nicht sehen.

 

Danach kam ein Polizist vorbei, der gerade Dienstschluss hatte und unbedingt nach Hause wollte. Auch er guckte lieber ganz schnell weg und tat, als sähe er den Mann nicht dort verletzt liegen.

 

Als drittes kam ein Obdachloser vorbei, der den reichen Herrn Schmidt sofort wieder erkannte, weil dieser ihn immer einen „Penner“ schimpfte. Niemals hatte er ihm auch nur 20 Cent in seinen Hut geworfen, wenn er in der Fußgängerzone am betteln war. Der Obdachlose aber ging schnell zu Herrn Schmidt, sah, dass dieser schlimm blutete und rief um Hilfe. Weil aber keiner kam, kniete sich der Penner zu Boden und mit aller Kraft hob er ihn auf seinen Rücken und schleppte ihn zum Kiosk. Dort gab er dem Besitzer des Kiosks 5 Euro, also alles, was er an dem Tag bisher erbettelt hatte. Dafür kaufte er Herrn Schmidt etwas zu trinken, und etwas zu essen und dafür durfte er auch das Telefon benutzen, um den Krankenwagen zu rufen. Keine fünf Minuten später war der Notarzt da.

 

 

Berit, Fabian, Martha: Der mutige Schüler

 

Eines Tages kamen gegen Mittag Schüler der Carl Schomburg-Schule auf den Schulhof des Goethe-Gymnasiums. Sie hatten gerade eine Arbeit zurückbekommen und deswegen sehr schlechte Laune. Sie wollten ihre schlechte Laune an irgendeinen auslassen und suchten sich ein Opfer.

 

Am Eingangstor stand ein Schüler der siebten Klasse, der scheinbar keine Freunde hatte. Die Schüler gingen zu dem Jungen und fingen an, ihn zu schubsen. Dann schlugen sie ihn so lange, bis er zusammen brach.

 

Obwohl gerade Pause war, kam kein Schüler hinzu um zu helfen.

Auch der Aufsicht führende Lehrer, der im Hintergrund alles mit angesehen hatte, schaute lieber weg und tat, als müsste er ganz dringend woanders hin.

 

Dann aber kam noch ein Schüler der Carl Schomburg-Schule vorbei. Er hatte es eigentlich ziemlich eilig, weil er unbedingt die Straßenbahn erreichen wollte. Als er aber den verletzten Goetheschüler am Boden liegen sah, sah er sofort, dass der Junge Hilfe brauchte. Er half ihm so gut es ging hoch und brachte ihn in das Sekretariat zu Frau Drubel. Die rief gleich den Notarzt. Der Carl Schomburg-Schüler aber blieb bei dem Opfer und redete beruhigend und tröstend mit ihm. Bis der Arzt kam, hatte er die Straßenbahn natürlich verpasst…

 

 

Wer von den dreien hat mitmenschlich gehandelt? Die Sache ist eindeutig. Der, von dem man es am wenigsten erwartet hat. Jesus Christus ist der Meinung, dass so vorbildliches Handeln aussieht: Einfach mal vergessen, wer der Gegner ist. Einfach mal „Schwamm drüber“, dass man den anderen nicht leiden kann. Natürlich kostet es Überwindung, dem zu helfen, der mich nicht leiden kann und den ich nicht leiden kann. Aber wie soll die Welt denn besser werden, wenn ich meinem Not leidenden Mitmenschen die Hilfe und Unterstützung verweigere?

 

Es kommt nicht darauf an, wie ein Heiliger herumzulaufen. Auch Scheinheilige brauchen wir gar nicht. Aber wir müssen einfach jedem helfen, der unsere Hilfe braucht. Nur so wird die Welt besser, nur so geht sie nicht „den Bach runter“ und so verwirklichen wir das, was Jesus in seinem viel zu kurzen Leben gefordert hat: Einfach schon so zusammen leben, als sei der Himmel schon „aus- und angebrochen“, als sei das „Reich Gottes“ schon mitten unter uns. Wenn wir nicht den Anfang machen, wer dann? Und wenn wir nicht jetzt damit anfangen, wird es irgendwann zu spät sein.