Von Tammo Wündisch (23.06.2003 00:00)
Ein Lebensabschnitt geht nun zu Ende. 13 Jahre Schule sind nun vorbei und jeder von uns steht vor einem Neuanfang. Bisher lebten wir gut behütet bei Mama und Papa, gingen jeden Montag auf ein Neues brav in die Schule und der Sinn des Lebens bestand für viele einfach nur darin, die Tage bis zu den nächsten Ferien zu zählen.
Tammo Wündisch
In die Grundschule ging man noch gerne. Die musste ja auch gut sein, wenn man sooooo eine große Tüte voller Überraschungen dafür bekommt. Ausserdem war die Grundschule nicht so verschieden vom Kindergarten. Das Lernen bestand eher aus Spielen. Durch Kuschelecken und Bastelstunden verging der Unterricht meist wie im Flug. Niemand ahnte vor 13 Jahren, dass es ihn einmal auf die Goetheschule verschlagen sollte. Vielmehr beschäftigten wir uns damit, was eins plus drei ergibt und ob es in der Pause wieder Kloppe von den Großen geben würde.
Doch schon nach drei Jahren waren wir plötzlich die Großen. Die, denen jeder Knirps Respekt zollte. Wir waren die Kings des Pausenhofs. Doch dieses Hochgefühl währte nicht lange. Der erste Schulwechsel stand bevor. Die Goetheschule war also von nun an unsere neue Heimat. Gespannt saßen wir alle in der übermächtigen dunklen Aula mit ihren bedrückenden Vorhängen und ihrer düsteren Bühne.
Oben stand jemand am Rednerpult und hielt eine Rede. Die Eltern lauschten fasziniert, während wir lieber unsere neuen Mitschüler begutachteten. „Mit wem ich wohl in eine Klasse komme?…. der sieht komisch aus, hoffentlich nicht mit dem!“ Nach einer Weile reihten sich unsere neuen Klassenlehrer vorne auf und unsere Namen wurden nach und nach den Klassen zugeteilt. Jeder von uns bekam zwei Nelken in die Hand gedrückt, eine blaue und eine weiße. Friedhofsblumen zur Einschulung ….. Nun waren wir also beerdigt. Es folgte der Marsch der Klassen zum Nebengebäude. Angeführt von unseren Lehrern folgten wir brav – durch den Tunnel – zur Schützenstrasse. Unsere Klassenräume waren toll, ebenso die Mitschüler und die Klassenlehrer – wir ahnten ja noch nichts von Herrn Gau und Frau Stück!
Schnell gewöhnten wir uns an die neue Schule und schon bald beschäftigten sich die Jungs in den Pausen nur noch mit Fußball. Derweil hatten die Mädchen mit höheren Dingen zu tun: Willst du mit mir gehen? Ja/Nein – Vielleicht? Auch die erste Klassenfahrten nach Immenhausen/Hilders und Bad Karlshafen folgten bald.
In der 7-ten Jahrgangsstufe fuhren dann alle Klassen gemeinsam nach Sylt. Für viele das bedeutendste Highlight der bisherigen Schullaufbahn. Für die Mädchen, weil sich auf dem Zeltplatz auch eine Klasse mit älteren Jungs befand und die ja soooo süß waren …. Und für die Jungs, weil sie mal wieder ihre Grenzen austesten konnen, was für einige zu unfreiwilligem Strandkehrdienst führte.
Die Krönung bildete jeden Abend die obligatorische Rundbaudisco. Zwar tanzte kaum jemand, weil die meisten Jungs zu cool waren bzw. Angst hatten, sich zu blamieren und die Mädchen, die sonst in Dorfdiscos mit 16-jährigen abhingen, keinen Bock auf Kindergartendisco hatten. Wie dem auch sei, zu Puff Daddys? „I’ll be missing you“ waren trotzdem alle bis zum letzten Ton auf der Tanzfläche. Sylt war einfach unvergesslich, zumindest vorerst.
Erstmal hatten wir noch einiges durchzustehen. Zum Beispiel traumhaften Sportunterricht mit Herrn Wedekind, sensationellen Physikunterricht beim Doktor Mazurkewitz und dramatisch Lateinstunden bei Frau Geizenauer. Die Zahl der Leiden lässt sich unbegrenzt steigern und mancher Unterricht war nicht weniger Qual als die Stufen des Wimmelkastens, wenn man als Achtklässler jede Pausedas Gebäude verlassen musste. Auch diese Strapazen haben wir auf uns genommen, um zu Beginn des neunten Schuljahres endlich ins Hauptgebäude wechseln zu dürfen.
Endlich kein heimliches Rauchen mehr, endlich legal im Klassenraum bleiben, endlich im OKAY einkaufen können, sofern Frau Bohn nicht Pausenaufsicht hatte. Es folgten neue Lehrer, Betriebspraktikum und nach der 10-ten die Abschlussfahrt. In der 11 kam dann die Aufnahme in die elitären Kreise der Schule – die Oberstufe.
Unser Jahrgang wurde völlig neu strukturiert, viele neue Gesichter tauchten auf. Zur Freude von Herrn Rauch kam der Großteil von ihnen aus Vellmar, der laut Niklas schönsten Stadt der Welt. Bald schon waren die Neuankömmlinge voll integriert, und wieder einmal hieß es, neue Lehrer, neues Glück. Und dann waren da noch die Punkte. Statt Noten nun also Punkte. Mit dieser Umstellung hatten die Eltern sicherlich mehr zu kämpfen, als die Schüler. Von nun an war einigen Parties wichtiger als Schule, bei manchen war es umgekehrt.
Ende der 11 bekam das große, ferne Ziel plötzlich Konturen. Die Einwahl in die Leistungskurse stand bevor. Viele standen vor einem Rätsel, zumal die LK-Tutoren nicht bekannt waren. Und da Sympathie manchmal eben doch gleichbedeutend ist mit Leistung, begann zum Beginn der 12 die panische Flucht mancher von einem Kurs in den anderen. Irgendwann hatte Herr Kilian dann alle untergebracht und das Punktesammlen fürs Abitur begann.
Zumindest vom Alter her waren allmählich alle erwachsen und wurden zu begeisterten Autofahrern. Vorteil der Oberstufe war, dass man mit nahezu allen Schülern des Jahrgangs in irgendeinem Kurs war und zudem noch eine gute Klassengemeinschaft in den LKs hatte.
Viel Initiative, nicht nur beim lernen, sondern vor allem ausserhalb des Stundenplans war nun gefragt. Neben dem schon bestehenden Engagement vieler Schüler in Bücherei, Cafete, Umlauf oder SV stand jetzt die Organisation von Abizeitung, T-Shirt, Ball und Abi-Streich auf dem Programm, damit unser Abitur auch wirklich einzigartig wird.
Den Anfang vom Ende machten die Studienfahrten. Hierbei geht es nicht nur um die schönen Erinnerungen, die wir aus Italien, Holland, England und Frankreich mitnahmen, sondern vielmer darum, dass wir endlich mal die menschliche Seite unserer Tutoren kennenlernten. Gleichzeitig läutete die Studienfahrt den Endspurt ein. Es war, ausser für den Gm-Kurs, die letzte Klassenfahrt, und das direkt nach den letzten Sommerferien. Von nun an war immer alles auch gleichzeitg das letzte. So ware auch die Osterferien nicht mehr als ein letztes Aufbäumen gegen das bevorstehende Ende. Wer jetzt noch nicht gelernt hatte, musste schleunigst beginnen, um sich zumindest noch die wichtigsten Fakten in den Schädel zu hämmern.
Schliesslich kamen wir uns alle vor wie di allwissenden Brains und der Weltherrschaft stand nun nichts mehr im Wege. In den Prüfungen hat jeder sein bestes gegeben, auch wenn nicht jedes Ergebnis erfreulich war. Das Abi haben wir jetzt in der Tasche, was nun folgt ist das wahre Leben.
Ein letztes Mal sitzen wir nun heute in trauter Einigkeit zusammen …. und werden uns so bald wohl auch nicht mehr wiedersehen. Die engsten Freundschaften werden bestehen bleiben … doch letzten Endes zieht es den Großteil wahrscheinlich eher hinaus in die große weite Welt. Und so wird schon bald jeder eine neue Adresse haben in Holland, Hamburg, oder Heckershausen.
Ich hoffe für jeden von uns, dass er das erreicht, was er sich als Ziel gesetzt hat – und das niemand den Spass am Leben verliert. Wenn wir uns in 15 oder 20 Jahren wiedersehen, möchte ich in fröhliche Gesichter sehen, die mit dem, was sie dann auch immer tun mögen, zufrieden sind. Schon jetzt freue ich mich darüber, dass jeder sein Leben so meistern wird, wie er es sich immer erträumt hat. Ich wünsche uns allen viel Erfolg und eine glückliche Zukunft.
In diesem Sinne:
Auf die Weltherrschaft!!!
Isabella Pisarczyk zusammen mit Tammo Wündisch, verbunden durch die gemeinsame Sportart