Das Parfüm – Die Geschichte eines Mörders

Von unserem Redakteur Marco Sivori (24.09.2006 17:43)

Wenn der Kinosaal sich verdunkelt und der Vorhang aufgeht, erwarten den aufgeregten Zuschauer einige Stunden, in denen sowohl die Augen als auch die Ohren einiges erwartet. Seit Anbeginn der Kinogeschichte haben große Filme immer wieder neue Maßstäbe für visuelle und hörbare Effekte gesetzt. Doch hat das Kino damit wirklich bereits seine Grenzen erreicht? Im neu erschienenen Kinofilm „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“ wurde nun der Versuch unternommen, jetzt auch eine dritte Komponente einzuführen, das Kino der Gerüche.

Filmplakat

Das Drama nach dem gleichnamigen Bestseller von Patrick Süßkind spielt im Frankreich des achtzehnten Jahrhunderts. In Paris, der damals größten und zugleich schmutzigsten Stadt Europas, wächst in einem Weisenhaus Jean-Baptiste Grenouille (später gespielt von Ben Whishaw) auf. Schnell stellt sich heraus, dass Grenouille über besondere Fähigkeiten verfügt. Zwar fängt er erst sehr spät an zu sprechen, jedoch ist er bereits seit früher Kindheit in der Lage, seine Umwelt allein mit seinem feinen Geruchssinn wahrzunehmen.

So beginnt er, alle Gerüche, die er einmal wahrgenommen hat, in seinem Gedächtnis zu speichern, meist ohne ihren Namen zu kennen. Mit zunehmendem Alter verbessert er diese Fähigkeit immer weiter, sodass er bald in der Lage ist, mit geschlossenen Augen mehr wahrzunehmen, als es seine Mitmenschen mit offenen Augen können.

Besessen: Grenouille verfolgt sein erstes Opfer

Eines Tages fängt er den Duft eines jungen Mädchens auf, der ihr völlig betört. Er folgt dem Duft zu dieser Quelle und tötet das Mädchen, um sich an ihrem Duft zu laben. Dabei muss er jedoch schmerzlich erkennen, dass der Duft zu flüchtig ist und sich schnell auflöst. Grenouille hat nur noch ein Ziel, das Parfumeur-Handwerk zu erlernen, um Düfte wie die des getöteten Mädchens zu konservieren. Dadurch will er ein Parfum erschaffen, welches alle Welt betören und ihm untertänig machen könnte.

Teuflisches Werk: Grenouille extrahiert seinen Opfern ihren Duft

So geht er bei dem Parfumeur Giuseppe Baldini (Dustin Hoffman) in Lehre. Grenouille verhilft dem beinahe in Vergessenheit geratenen Parfumeur zu neuem Ansehen und erlernt so die Kunst der Parfümerie. Eines Tages muss er jedoch erkennen, dass er nicht alle Düfte so einfach wie die von Blüten einfangen und verarbeiten kann. So bricht Grenouille nach Grasse auf, dem Mekka der Parfumherstellung, um sein Können zu perfektionieren. In Grasse angekommen geht er bei einer ansässigen Händlerin in Lehre, die ihm beibringt, durch Fette jeglichen Geruch einzufangen.

Sorgt sich um seine Tochter: Kaufmann Richis (Alan Rickman)

Mit der Perfektionierung seiner Fähigkeiten als Parfumeur erwacht gleichzeitig Grenouilles dunkle Seite. Er beginnt damit, die jungen Mädchen von Grasse zu ermorden, um sie später ihres Duftes zu berauben. Niemand scheint vor ihm sicher zu sein und die Zahl der Leichen, die Grenouilles Weg pflastern, nimmt immer weiter zu. Doch eines Tages, als Grenouille gerade sein letztes Opfer getötet und sein magisches Parfum vollendet hatte, flog sein Handeln auf und er wurde zum Tode verurteilt. Grenouille wird zum Marktplatz geführt, auf dem seine Hinrichtung öffentlich vollzogen werden sollte, doch er hat noch einen letzten Trumpf, sein vollendetes Parfum. Ein einfacher Tropfen auf seiner Haut genügt und ein jeder Mensch in seiner Nähe verfällt seinem Bann. Mittlerweile hat sich ganz Grasse versammelt, um den Mörder der Mädchen hängen zu sehen. Grenouille tritt vor den Scharfrichter, der, vom Parfum ebenso betört, auf Knien seine Unschuld beteuert. Durch seinen parfumiertes Taschentuch versetzt Grenouille ganz Grasse in einen ekstatischen Zustand, der in einer gewaltigen Massenorgie endet. Diesen Moment nutzt Grenouille, um Grasse wieder zu verlassen. Er hat erkannt, dass sein Parfum ihm zwar alle Macht der Welt geben kann, ihm jedoch nicht hilft, Liebe zu empfinden. So kehrt Grenouille in seine Heimatstadt Paris zurück, bereit, die letzte Tat seines Lebens zu begehen…

Parfums finden sich heut in jedem Badezimmer

Mit seinem aufwendig erstellten Drama „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“ zeigt Regisseur Tom Tykwer, dass Kino bei weitem mehr in sich vereinigen kann, als visuelle und hörbare Aspekte. Während des gesamten Stückes richtet er immer wieder das Augenmerk auf den geruchlichen Aspekt des Filmes. Das Thema Geruch ist den gesamten Film über präsent. So wird Grenouilles Fähigkeit durch lautes Schnüffeln verdeutlicht oder indem in besonderen Schlüsselszenen die Kamera nahe an seine Nase heranfährt. Fast kann der Zuschauer im Saal selbst die Gerüche des Filmes aufnehmen, so real wirkt die Szenerie.

Was dem Färber der Farbkreis ist dem Parfümer der Duftkreis

Besonders zu Beginn auf dem Fischmarkt: der dort neugeborene Grenouille liegt zwischen den Resten ausgenommener Fische und schleimiger Moderreste. Die passende Geräuschkulisse verleiht dem Zuschauer wahrhaftig das Gefühl, sich inmitten des gesamten Treibens zu befinden. Auch im späteren Verlauf wird weiterhin großen Wert auf Gerüche gelegt, so zum Beispiel in den Arbeitsstätten der Parfumeure oder auf den endlosen Blumenfeldern, wo eifrige Arbeiterinnen Blumen pflücken. An sich bietet „Das Parfum“ dem Zuschauer mehr als zwei Stunden voller Spannung und Unterhaltung. Bild- und klanglich überzeugt der Film über alle Maßen, nur die doch sehr niedrig eingestufte Altersfreigabe bietet Raum zu Diskussionen. So enthält der Film mehrere Szene von Gewalt, die nicht gerade für eine derart junge Zuschauergruppe angemessen sind. Besonders auf Grund der gewaltigen Massenorgie in Grasse gegen Ende des Filmes, die dank der aufdringlichen Bilder die Phantasie der Zuschauer kaum mehr Freiheit lässt, hätte man eher zu einer höheren Alterseinstufung tendieren sollen. Ebenso hätten sich die Macher des Filmes mit dem Einsetzen des Erzählers, der den Zuschauer die ganze Zeit über begleitet und informiert, zurückhalten können, denn aufgrund seiner ständigen Erzählungen verliert die Geschichte irgendwann an ihrem Reiz.

Weltweiter Bestseller: Patrick Süßkinds „Das Parfum“