(01.11.2000 18:17)
Rückblickend auf die Premiere von „Hamlet“ im Staatstheater Kassel, muss ich sagen, dass ich selten so viel gelacht habe, während ich gleichzeitig am Rätseln über den Sinn und die Zusammenhänge eines Stückes war. Schon während ich im Theater saß, schoss mir der Gedanke in den Kopf, wie ich zu diesem Stück um alles in der Welt eine Kritik schreiben soll.
„Hamlet“ – Ein tragisches Schauspiel
nach William Shakespeare?
Denn die schauspielerische Leistung war enorm. Die unterschiedlichen Charaktere wechselten ihre Stimmungsbilder von heiter lachend zu depressiv melancholisch, als wäre es das Leichteste auf der Welt.
Doch leider hatte Shakespeares Hamlet mit dem, was gespielt wurde, nicht viel gemeinsam. Die eigentliche Geschichte des dänischen Prinzen, der seine Geliebte in den Selbstmord treibt und den Mord an seinem Vater rächt, das Ganze endet in einem Massaker, wird nur gelegentlich aufgegriffen.
Viel wichtiger scheint es zu sein, das Image des Theaters aufzupeppen, es für Jugendliche attraktiv zu machen. Doch stelle sich hier die Frage, ob Theater attraktiver wird, wenn Szenen wie Showakts einer Samstagabend – Comedy wirken? Die kann man sich auch im Fernsehen anschauen!
Der Wirrwarr von unterschwelligen Aussagen über das Verhalten der „jugendlichen“ Alten und der schnell alternden Jugendlichen, über die Frage des Lebens oder das ständige Leistungsstreben der Menschen, stellen den Zuschauer vor ein Problem. Was hat das mit Shakespeares Hamlet zu tun? Der Zuschauer kommt sich schier dumm vor, weil er sowohl die Zusammenhänge als auch die Wahl der Requisiten nicht versteht. Wieso bekommt der König gerade einen Tintenfisch gebracht; warum lässt der tote König, als er das erste Mal zu Hamlet spricht, einen Teddy reden?
Ist denn eigentlich Shakespeares Hamlet zu „flach“, um es einfach zu spielen? Ja, modernisieren ist „in“, aber ist Hamlet nicht eher von zeitloser Problematik (Macht, Rache und Intrigen) und recht einfach in die Gegenwart umzusetzen?
Durch „Aufmotzen“ von Stücken zieht man nicht mehr Jugendliche ins Theater und auch nicht dadurch, ein sexuelles Verhältnis zwischen Mutter und Sohn einzubauen.
Prinzipiell bin ich dafür, das Theater jugendfreundlicher zu gestalten. Die Idee ein Stück speziell für Jugendliche zu gestalten finde ich gut, doch muss dies auf die Kosten eines Klassikers geschehen?