Red mit mir, Sportsfreund

(01.06.2002 13:44)

Die Band „Sportfreunde Stiller“ macht Musik, die so klingt, als wenn man an einem Sommernachmittag auf frisch gemähtem Rasen Fußball spielt. Sie sind im Moment eine der wenigen deutschen Bands die man hören muss. Vor ihrem ausverkauften Auftritt in der Frankfurter „Batschkapp“, bat der UMLAUF zum Interview.

Unser Redakteur Jonas Leppin (li) mit Sportfreunde-Mitglied Rüdiger

Benannt nach ihrem ehemaligen Fußballtrainer Hans Stiller gaben sich Peter, Florian und Rüdiger den Namen „Sportfreunde Stiller“ und praktizieren seitdem erstaunlich guten Pop Rock. Ihre erste Singel-Auskopplung „Ein Kompliment“ aus dem aktuellen Album „Die Gute Seite“ wird auf MTV und VIVA rauf und runter gespielt.
Auf der „Guten-Tour“ kamen die Sportfreunde auch in Frankfurt vorbei.

UMLAUF: Guten Tag, wie läuft die Tour?

Rüdiger: Wir sind jetzt schon etwas länger unterwegs und es ist immer voll. Wir hatten da schon ganz andere Zeiten. Ich kann dir zu jeder Stadt ein Loch nennen, in dem wir schon mal gespielt haben.
Es ist natürlich Wahnsinn für uns, es kommen eine Menge Leute, die unsere Texte kennen und sich drauf freuen uns zu sehen. Es herrscht eine super Stimmung und wir haben einen riesen Spaß.

«Es ist mir völlig wurscht, ob vor mir ein 14-Jähriger oder 24-Jähriger steht, wenn er bei der Musik, die wir machen, etwas empfindet.»

UMLAUF: Wenn man in diesen Tagen bei eurem Management anruft oder auf eurer Homepage etwas bestellen möchte, dann bekommt man die Auskunft, dass alle unterwegs auf Tour sind. Wer um Himmels willen kommt denn alles mit?

Rüdiger: Im Prinzip sind wir mit Marc Liebscher, der unser inoffizielles viertes Bandmitglied ist und sich um den Papierkram kümmert, nur vier Leute. Wir wollen alles nicht so aufgeblasen haben. Auf der Tour fahren nur noch mit: Unser Tourbusfahrer, einer der nach den Konzerten die T-Shirts verkauft, ein Lichtmann, ein Tonmann und als Luxus einer, der unsere Instrumente aufbaut. Das war’s.

UMLAUF: Hat sich euer Publikum, seit eurer ständigen MTV- und VIVA-Präsenz verändert, so wie ein Mädchen, in einer Konzertkritik, über euer Konzert in Köln entsetzt berichtete?

Was dem einen der Hip Hop, ist dem anderen der UMLAUF

Rüdiger: Es hat sich schon etwas verändert, aber in Köln war es schon heftig. Die ersten Reihen waren mit Zahnspangen besetzt. Insgesamt sind es jetzt einfach mehr Leute. Jüngere und ältere. Ich fände es aber arrogant zu sagen: „Teenies sind scheiße auf unseren Konzerten!“ Es ist mir völlig wurscht, ob vor mir ein 14-Jähriger oder 24-Jähriger steht, wenn er bei der Musik, die wir machen etwas empfindet. Es ist einfach so, dass die Jüngeren in die ersten Reihen drängen und die Älteren mit verschränkten Armen hinten stehen und sich etwas aufregen. Die sollen sich alle locker machen und den Abend genießen.

UMLAUF: Was werde ich heute Abend über das Konzert schreiben können?

Rüdiger: Du wirst schreiben über diverse Aussetzer und technische Probleme, Verspieler, wahrscheinlich werden wir Spaß haben. Es wird laut sein, weil wir nicht leise spielen können.

UMLAUF: Beschreib` mal in drei Sätzen eure Art von Musik und die typischen Merkmale.

Rüdiger: Unsere Art von Musik ist definitiv Rock, genauso wie Pop. Typisch für uns ist der virtuose Einsatz von ziemlich banalen Synthesizer-Melodien, ich bediene während des Bass spielens eine Fußorgel und der Flo hat noch ein Casio-Gerät. Es ist nicht nur Gitarre, Bass und Schlagzeug, das wirst du schon sehn. Da gibt’s was auf die Ohren.

«Es ist nicht nur Gitarre, Bass und Schlagzeug, das wirst du schon sehn. Da gibts was auf die Ohren.»

UMLAUF: In euren Liedern wollt ihr „Christoph Daum“ „vertraun“ und auf „Schluß“ kommt der „Kuß“. Benutzt ihr zum Texten ein Reimwörterbuch?

Rüdiger: Nein, der Reim ist ja ein Stilmittel und ergibt schon fasst eine eigene Melodie. Ich glaube, dass man in der deutschen Sprache etwas zu überkritisch ist, da der Text viel präsenter ist. Aber es ist durchaus so, dass Reime einfach eingebaut werden, dass man schon den zweiten Satz im Kopf hat und sich noch überlegt, wie man ihn enden lassen könnte. Das ist aber auch üblich, wenn man sich Hip Hop anhört.

UMLAUF: Ihr wisst was passiert, wenn man versucht, euer Album auf Mini-Disc oder ähnliches zu überspielen?

Rüdiger: Da ist ein Kopierschutz drauf. Du kannst es per Audio überspielen. Es geht nur darum, dass es erschwert wird. Mich stresst es auch, solche Maßnahmen finde ich eigentlich albern. Ich weiß ja wie das ist, wenn man sich nur etwas für den Walkman oder MP3-Player überspielen will. Es wird aber so viel kopiert und illegal ins Netz gestellt, dass es solche Bremsen geben muss, die manchmal auch ungerecht sind. Ich bin damit nicht wirklich glücklich, kann aber beide Seiten, sowohl Plattenfirma, als auch Fans verstehen.

UMLAUF: Ein anderes Liedzitat: „Und ich frage mich, bin das noch ich oder bin ich schon so wie die im Fernsehen.“ Woran merkt ihr, dass diese Punkt erreicht oder schon überschritten ist?

Rüdiger: Das ist einfach eine realistische Selbstbetrachtung. Egal ob du selber im Fernsehen bist oder vor der Glotze sitzt. Bei uns ist es so, dass wir in der Öffentlichkeit stehen und ich mich manchmal frage, mit welchem Scheiß wir eigentlich die Leute zuballern.
Du stehst auf Tour um zwölf auf, bist total verpennt und hast vor deiner Nase auf einmal eine Kamera und musst dann losreden. Plötzlich bin ich dann mitten in diesem Unterhaltungsprogramm, dass ich früher immer total ätzend fand.
Ganz glücklich bin ich damit nicht, aber ich weiß wiederum, dass es nicht immer geht, so zu sein, wie ich gerne wäre oder wie ich es mir gewünscht hätte.

Der UMLAUF dankt für das Gespräch.