Es wird ein Hauen und Stechen geben

(20.03.2004 15:38)

Ein Gericht in Nordrhein-Westfalen hat offiziell anerkannt, dass Lehrer in korrekturintensiven Fächern deutlich mehr arbeiten. Das Urteil sät neue Zwietracht an den Schulen. Denn die müssen jetzt reagieren und manche Lehrer entlasten, aber anderen Zusatzstunden aufbrummen.

Bald Klassenkampf um die Stundenverteilung?

Heiner Hülsmann, 52, unterrichtet Englisch und Französisch an einer Duisburger Schule. Gerade hat er einen juristischen Teilsieg errungen: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) von Nordrhein-Westfalen hat ihm bestätigt, dass Hülsmann mit seinen beiden Korrekturfächern deutlich mehr arbeiten muss als beispielsweise ein Sport- und Erdkundelehrer – bei gleicher Bezahlung. Hülsmann, der auf über 50 Stunden pro Woche kommt, und andere Korrekturfachlehrer hätten Anspruch auf eine Entlastung, urteilte das Gericht in Münster am Dienstag.

„Es wird ein Hauen und Stechen geben“, befürchtet Hülsmann nun. Die unterschiedliche Arbeitszeitbelastung von Lehrer ist auch in anderen Bundesländern ein Konfliktthema. Aber obwohl Hülsmann und die ihn unterstützende Vereinigung der Korrekturfachlehrer lange für ein solches Urteil gekämpft haben, kann sich der Duisburger nicht so richtig darüber freuen.

Denn die Umsetzung des Richterspruchs dürfte zu heftigen Konflikten mit den Kollegen führen: Lehrern, die wenige oder keine Hefte korrigieren, droht nach dem Urteil Mehrarbeit. Jede einzelne Schule müsse das Unterrichtsvolumen neu aufteilen, entschied das Gericht. Dabei sollten besonders belastete Lehrer um bis zu drei Stunden befreit werden, die dann von Kollegen übernommen werden müssten.

Dieser kostenneutrale Lösungsansatz stammt von Hülsmanns Arbeitgeber, dem Land Nordrhein-Westfalen. Obwohl das so genannte Bandbreitenmodell den Schulen bereits vor eineinhalb Jahren empfohlen wurde, ist es bislang kaum zum Einsatz gekommen, vermutlich weil es den Interessen der Mehrheit der Lehrerschaft zuwiderläuft. Auch die Korrekturfachlehrer hatten schließlich nicht vor, ihren Kollegen Zusatzstunden aufzubrummen.

Spiegel-Online vom 18.1.2004