von unserem Redakteur Philipp Dittmar (05.06.20111)
Die Bundesligasaison ist vorbei. Die Dauerkartenbesitzer sehen sich mit der ungeliebten Sommerpause konfrontiert und die Spieler nehmen sich ihren mehr oder weniger verdienten Urlaub. Doch zu einer gelungenen Saison gehört nicht nur der Erfolg der eigenen Mannschaft, sondern genauso die Emotionalität. Und das Ventil des gemeinen Trainers bzw. Spielers ist die allseits bekannte „Wutrede“.
Der „Godfather of Wutausbruch“ – Giovanni Trapattoni |
Giovanni Trapattoni (im Folgenden nur noch Maestro genannt, um seiner Position in der Geschichte der Wutrede gerecht zu werden) – er ist der Galileo Galilei der Wutrede, der Marco Polo der Emotionalität bei einer Pressekonferenz. Er ebnete den Weg für eine Vielzahl von Nachfolgern mit seiner legendären „Flasche leer“-Rede nach einer 0:1-Niederlage gegen den Erzrivalen Schalke 04. Jeder kennt seitdem die Satzfragmente, die der Maestro in gebrochenem Mafiosi-Deutsch den Journalisten entgegenschrie. Manch ein Journalist mag sich gefragt haben „Ist denn schon Brunftzeit bei den Hirschen?“, aber sie alle lagen falsch: Hier wurde Geschichte geschrieben.
Das Leben im Fußball-Geschäft ist nicht einfach. Kaum vom Feld, stehen schon gefühlte 50 neugierige Pappfiguren in adrett grauen Umhängen mit der Aufschrift „Presse“ um die Spieler herum und halten ihnen und den Trainern ihre Kamera unter die Nase und versuchen, dem Profi irgendetwas Interessantes zu entlocken. Meistens klappt das eher auf einer relativ unspektakulären Ebene. Die ausgelutschten, vorgefertigten Antworten werden heruntergerasselt (in mehr oder weniger zusammenhängenden Sätzen; Tipp: deutscher Nationalspieler, fängt mit P an und hört mit odolski auf). Ergreifend und witzig zugleich wird es dann aber manchmal auf den Pressekonferenzen mit den Trainern nach dem Spiel. Der Frust über das eventuell verlorene Spiel, gepaart mit Ignoranz und Lästigkeit der Reporter, ergibt ein Pulverfass, das nur darauf wartet, zu zünden. Und diese Explosionen landen Minuten später auf Youtube und brechen alle Rekorde.
Letztendlich tragen die Trainer mit ihren Ausbrüchen sehr viel zur Attraktivität der Liga bei. Was wäre denn die Bundesliga ohne einen Ausraster hier und da! Wir denken hierbei nur zu gerne zurück an Jürgen Klinsmann, der nach einer Auswechslung ein Loch in eine Werbetonne trat, oder an Oliver Kahn, der unter anderem schon einmal einen Gegenspieler beißen wollte.
Da war der Akku leer |
Unvergessen ist auch Lothar Matthäus, der sich gar nicht mehr einkriegen konnte, als er nach einer Niederlage über den Schiedsrichter (übrigens immer ein beliebter Prellbock) wetterte und auch nach seiner aktiven Zeit dem Fußball als TV-Experte und dem Zuschauer als Garant für Unterhaltung und klare Worte erhalten blieb:
„I stay only in Munich for this fucking job tonight. And I lose all my evening.“
Jeder Trainer, der etwas auf sich hält, hat schon eine von Aggressionen und Depressionen geprägte Konfrontation mit den Sportreportern in seiner Vita verzeichnet. Es scheint fast schon, als sei das die Bedingung zur Aufnahme in die Liga. Frei nach dem Motto: „Ohne Wutrede, Flasche leer!“
Letztendlich bleibt es aber auch eine perfide Masche der Knipser, ausdauernd den Finger in die Wunde zu pressen, wenn Sportler und Sportlehrer gerade die wahrscheinlich deprimierendste Niederlage ihrer Karriere verkraften müssen. Letztendlich sind Fußballer eben auch Menschen, manchmal zwar etwas komische, aber immerhin Menschen. Deswegen sollten wir uns wohl an jeder neuen Wutrede erfreuen und sie genießen, denn wer weiß, wann die guten Zeiten vorbei sein werden. Um diesen Artikel nun zu schließen, endet er genauso, wie er angefangen hat. Nämlich mit dem Maestro: „Ich habe fertig!“