Giftgasangriff: Angst vor Antrax

(25.10.2001 22:58)

Die Angst vor Anschlägen mit Milzbrand-Bakterien wächst weltweit. Doch wie wahrscheinlich ist es, sich in Deutschland anzustecken? In den USA werden täglich neue Milzbrand-Infektionen gemeldet, auch in Kenia und Argentinien sollen verseuchte Briefe angekommen sein: Die Angst vor Anschlägen mit Milzbrand-Bakterien wächst weltweit. Doch wie wahrscheinlich ist es, sich in Deutschland anzustecken? Was ist Milzbrand und wie kann man sich davor schützen? Die STIFTUNG WARENTEST nennt Fakten.

Die KrankheitMilzbrand oder Anthrax ist eine Infektionskrankheit, die durch ein Bakterium übertragen wird. Im Normalfall erkranken Tiere (Schweine, Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen). Menschen infizieren sich sehr selten. Ein Risiko trägt, wer viel Kontakt mit Tieren, Fellen und Knochen hat. Die Krankheit existiert weltweit, in Industrieländern ist sie aber selten geworden. In Deutschland wurde der letzte Fall 1994 registriert. Es gibt drei Formen: Am häufigsten tritt Hautmilzbrand auf. Lungen- und Darmmilzbrand sind dagegen sehr selten.

WirkungDas Milzbrand-Bakterium produziert im Körper ein Gift, das zum Tod sogenannter Makrophagen führt – weiße Blutzellen, die normalerweise Bakterien beseitigen und den Körper vor Infektionen schützen. Das Gift lässt die Fresszellen platzen, so dass weitere Giftstoffe ausgestoßen werden.

ÜbertragungswegeBei Hautmilzbrand dringen die Erreger durch kleine Verletzungen der Haut ein. Werden erregerhaltige Stäube und Nebel eingeatmet, kann Lungenmilzbrand entstehen. Darmmilzbrand kann ausgelöst werden, wenn infiziertes Fleisch oder Innereien verzehrt wird. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch gilt als äußerst unwahrscheinlich. Erkrankte müssen daher nicht isoliert werden.

InkubationszeitDie Krankheit kann wenige Stunden, aber auch mehrere Tage nach der Ansteckung ausbrechen.

SymptomeHautmilzbrand: Hautstellen verdicken und röten sich. Später wachsen sie sich zu Geschwüren aus, die eine schwarze Mitte haben. Hohes Fieber, Benommenheit, Kreislaufstörungen folgen. Oft schwellen Lymphknoten an.
Lungenmilzbrand: Kündigt sich mit scheinbar harmlosen Erkältungssymptomen an wie Müdigkeit, Unwohlsein und trockenem Husten. Zwei bis vier Tage später kommt es zu einer Blutvergiftung.Kurzatmigkeit, Atemnot und blaue Lippen treten ein.
Darmmilzbrand: Patienten leiden unter Bauchschmerzen, Blähungen und blutigem Durchfall.

BehandlungMilzbrand kann sehr erfolgreich mit Antibiotika behandelt werden, wenn die Behandlung noch vor Auftritt der ersten Symptome beginnt. Wird die Infektion nicht rechtzeitig erkannt, sinken die Überlebenschancen vor allem bei Lungen- und Darmmilzbrand rapide.

ImpfungIn Deutschland sind keine Impfstoffe gegen Milzbrand zugelassen, weil sie zu viele Nebenwirkungen haben. In den USA werden nur Soldaten geimpft, die bei einem Kriegseinsatz ein hohes Risiko eingehen.

VorbeugungEs gibt keinen vorbeugenden medikamentösen Schutz. Auf keinen Fall sollten Antibiotika prophylaktisch eingenommen werden. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Erreger resistent werden und das Medikament bei Infekten nicht mehr wirkt. Patienten dürfen Penicillin nur nehmen, wenn die Infektion nachgewiesen ist.

Was tun bei verdächtiger Post?Verdächtige Post darf nicht berührt, weitergegeben oder geöffnet werden. Ausgetretenes Pulver sollte vorsichtig abgedeckt werden, zum Beispiel mit einem leeren Mülleimer. Wer mit der Post in Berührung gekommen ist, sollte sich die Hände gründlich mit Wasser und Seife waschen und die Polizei rufen.

Risiko für einen Anschlag mit Milzbrand-ErregernZwar sind Anthrax-Bakterien relativ leicht zu züchten. Die Infektion einer großen Zahl von Menschen ist allerdings unwahrscheinlich, da es schwierig ist, die Erreger wirkungsvoll zu verteilen. Das Risiko einer Erkrankung hängt auch von der Menge der aufgenommenen Erreger ab: Ein Mensch muss etwa 8.000 bis 50.000 einatmen, um sich mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit zu infizieren.