Neues aus der Anstalt

von unserer Redakteurin Kirstin Appel (09.05.2010)

Einen düsteren Empfang bietet momentan das Fridericianum in Kassel. Der Künstler Thomas Zipp stellt hier vom 13. März bis 13. Juni 2010 sein Werk (WHITE REFORMATION CO-OP) MENS SANA IN CORPORE SANO aus. Letzteres heißt so viel wie “Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper” und ziert, für die Dauer der Ausstellung, die Frontseite des Fridericianums. Innerhalb dieser Ausstellung verwandelte Zipp Räume in zwei Etagen des Museums in seine Vorstellung einer psychiatrischen Anstalt.

 Die Worte „MENS SANA IN CORPORE SANO“ am

Fridericianum in Kassel

Die Eingangshalle der „Anstalt” wirkt weiß und abweisend, nur der Empfangstresen und zwei Statuen, wovon eine ein Skelettschädel ist, stehen im Raum. An den Wänden hängen große schwarze Gemälde.

Nach der weißen Kälte dieses Raumes betritt man danach ein anderes Extrem. Die Räume, die den Korridor darstellen, wurden komplett verdunkelt. Einen starken Kontrast dazu bildet das grelle Neonlicht, das den Steg beleuchtet, der an einigen offenen und einigen verschlossenen Türen vorbei führt. Im Erdgeschoss befinden sich Lehrräume, die Küche und der Speisesaal der “Anstalt“ sowie eine Toilette. An den Wänden findet man neben einigen Ölgemälden immer wieder Bleistiftzeichnungen, die wie Kinderbilder wirken. Besonders beeindruckt hat mich ein Raum, der aus gebogenen Spiegeln bestand und somit ein sehr verzerrtes Bild des Menschen erzeugt.

 

Ein Gemälde von

Thomas Zipp.

 

Das zweite Stockwerk empfängt den Besucher zuerst einmal mit zwei offeneren Räumen, die hauptsächlich Öl- und Acrylbilder, aber auch drei große Statuen aufweisen, wovon eine kein Gesicht hat. Auch diese Räume wirken durch die Mischung aus weißen Wänden und dunklen Bildern abweisend und kalt. Vom zweiten Raum aus führen wieder zwei verdunkelte Korridore ab, die ähnlich dem im unteren Stockwerk aufgebaut sind. Während man, wenn man nach links geht, vor allem spärlich eingerichtete Waschräume und einen Schlafraum vorfindet, welcher aus zerwühlten Betten, vielen Zigarettenschachtel und Bibeln besteht, findet man rechts den für mich interessantesten Teil der Ausstellung.

Neben zwei Behandlungszimmern, in denen Liegen mit Fixierungsgurten stehen und einer weißen, hell ausgeleuchteten “Gummizelle”, befindet sich hier auch die Direktion, in der eine weitere Statue, mit Münzen statt Augen, steht. Sehr beeindruckend ist die „Gummizelle“, da ich mir durchaus vorstellen kann, dass man nach einigen Tagen in dieser komplett weißen Zelle tatsächlich verrückt werden könnte.

Immer wieder setzt sich Zipp in dieser Ausstellung mit Literatur auseinander, ein ganzer Raum dient einzig als Lesezimmer. Seine Zeichnungen wirken häufig wie die eines Kindes, auf einigen dieser Zeichnungen und Fotografien wurden Menschen Perlen als Augen eingesetzt und auf vielen der Statuen steht “PATTEX”.

Ob diese Ausstellung etwas für jeden Geschmack ist, mag umstritten sein. Auch anderen Besuchern fiel die Interpretation schwer. Eine Besucherin meinte, dass ein Laie Probleme bekommen könne, sich über die Ausstellung klarzuwerden. Eine weitere Frau erklärte, „Schwarze Malerei“ sei bei ihr zunächst auf Unverständnis gestoßen, mittlerweile finde sie sich aber immer besser zurecht.

Obgleich ich mir vorstellen kann, dass die Bewohner der „Psychiatrie“ die vielen doch sehr ähnlichen Zeichnungen gemalt haben sollen, wirkt das Ganze auf mich recht eintönig.
Die Öl- und Acrylgemälde im zweiten Stock hingegen gefallen mir sehr, da sie aufwendig gemalt sind und interessante Motive haben. Trotz der negativen Aspekte ist dieses Werk einen Besuch wert, zumal mittwochs der Eintritt kostenfrei ist.