Von André Dann, Katharina Koch und Sabine Römer (Böhse Onkelz)
Um der Frage „Sind die Onkelz rechts?“ nachzugehen, sollte man zuallererst seine Vorurteile abschütteln, die man womöglich von anderen in den Kopf gesetzt bekommen hat. Wir werden in diesem Artikel die Band-Geschichte aufrollen und auf die häufigsten Kritikpunkte eingehen, die dieser Band gemacht werden und hoffen, dass sich am Ende jeder eine eigene Meinung zu den Böhsen Onkelz bilden kann.
Am 25.11.1980 gründeten Stephan Weidner, Kevin Russel und Peter „Pe“ Schorowsky die Band „Böhse Onkelz“. Sie begannen, ganz im Stil der damaligen Zeit, als Punk-Band. Der Punk stand für Freiheit und man sang über alles, was einen „ankotzte“. Sie genossen es, von den Hösbacher Bürgern gehasst zu werden, dies verlieh ihnen einen gewissen Kult. Auf den Band-Namen waren sie gekommen, als sie einem Kind den Schlitten klauten und die älteren Kinder den jüngeren mit dem Satz begegneten: „Vorsicht, da sind die bösen Onkels!“. Ein Ausdruck, den die Kinder vermutlich von ihren Eltern gehört hatten, um sie vor den Punks zu warnen.
Der Name für ihre Punk-Band war also gefunden! Sie schrieben ihn jedoch bewusst falsch, damit deutlich wurde, dass sie die Schule hassten. Instrumente konnten sie nicht spielen, aber sie trieben nach und nach das Equipment auf und probten intensiv. Nachdem sie 1981 ihren ersten „Gig“ im Frankfurter Jugendzentrum Bockenheim, in dem auch viele andere Punk-Bands auftraten, gaben, fühlten sie sich bestätigt.
Es ergab sich, dass Matthias „Gonzo“ Röhr nach Frankfurt Bonames umzog, wo er nun Anschluss an die lokale Punk-Bewegung suchte. Er traf an einer Haltestelle auf Stephan, Kevin und Pe, die ihm sofort verrieten, wie man ins JUZ Bockenheim gelangt. Nachdem sie Gonzo einmal Gitarre hatten spielen hören, waren sie von seinen Spielkünsten so begeistert, dass sie ihn unbedingt in ihrer Band dabei haben mussten. Er war der einzige Punk, der sein Instrument beherrschte und erstmals Musik in die Band brachte. Anfangs spielte noch Stephan die Lead-Gitarre, tauschte aber nach kurzer Zeit mit Gonzo, der bis dahin den Bass spielte. Mit Kevin als Sänger und mit Pe am Schlagzeug waren sie nun komplett besetzt. Ihre Musik wurde langsam aber sicher immer professioneller, zudem traten sie auch weiterhin im JUZ Bockenheim und bei anderen Gelegenheiten auf.
Als sich dann in England die Skinhead-Bewegung in der Arbeiterklasse und später auch in Deutschland bildete, wechselten die Onkelz ihr Erscheinungsbild und entschlossen sich „Oi-Punks/Skins“ zu werden. Das hieß: Haare kürzer, Bomberjacke, mehr Verantwortung für das eigene Leben tragen, sich einen Job suchen, die Band nicht vernachlässigen, Spaß haben – vor allem Spaß haben, das versprachen sie sich. Zu dieser Zeit entstand z.B. das Lied „SS-Staat im Staate“, was zwar wie ein Nazi-Song klingt, jedoch als provokanter Antinazi-Song geschrieben wurde, was man dann auch im Text hören konnte: „…SS-Staat im Staate, wir wollen’s nicht erleben…“.
1982 begannen in Deutschland radikale Linke, Leute aus dem Punk-Lager abzuwerben. Dadurch wurde die Punk-Szene in die politisch linke Ecke verdrängt, ähnlich lief es auch mit den Skinheads ab. Die britischen Skins wurden von der „National Front“ unterwandert und Skinhead wurde das Adjektiv „rechtsradikal“ zugeordnet. Diese Bewegung schwappte wiederum mit mehreren Jahren Verzögerung nach Deutschland über. Die Folge: Skins = rechts und die Böhsen Onkelz distanzierten sich 1985 von dieser Szene. In Berlin-Wedding hatten sie ihren letzten Auftritt als „Skin-Band“. Dieser Gig war für die Onkelz ein Schlüsselerlebnis, denn diesmal spielten sie in einem alten Bunker vor gut 200 Kahlköpfen, die lautstark „Onkelz, Onkelz“ und mit gehobenem rechten Arm „Deutschland den Deutschen“ und „Ausländer raus“-Parolen brüllten. Die Skinhead-Szene hatte ihre Seele verkauft, als sie damit begann, auf sozial Schwächeren rumzuhacken, anstatt sich weiterhin gegen die Autoritäten aufzulehnen, wie es ursprünglich angedacht war.
Die Böhsen Onkelz fühlten sich niemals irgendeiner Partei angehörig und wollten auch nie in eine politische Ecke gedrängt werden. „Ein Onkelz-Konzert ist keine politische Veranstaltung und wird es auch nie sein!“, so das Motto von Stephan.
Von da an ließen sie ihre Haare wieder wachsen. Sie wollten ab sofort nur noch eine „geile Metal-Band“ sein, ohne jegliche politische Richtung, aber mit klarer Stellungnahme in ihren Texten zu allem, was sie störte. In gewisser Weise ein Schritt zurück zu den Anfängen als Punk-Band. 1984 wurde ihr Album „Der Nette Mann“ wegen angeblichen „gewaltverherrlichenden und nationalsozialistischen Inhalten“ von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BpjS) indiziert. Der Hauptfaktor der Indizierung des Albums war das Lied zum Albumtitel, in dem aus der Ich-Perspektive eines Kindermörders über dessen Gräueltaten gesungen wird. Die Bundesprüfstelle interpretierte diesen Song falsch und erkannte nicht, dass dieses Lied gegen alle Kindermörder und Päderasten ist. Stephan, der das Lied schrieb, sah keinen anderen Weg, als das Lied aus der Ich-Perspektive zu schreiben, um so seinen Hass gegenüber solchen Menschen auszudrücken. Sie wollten zeigen, dass auch der „nette“ Nachbar ein Kinderschänder sein kann. Auch das Fußballlied „Frankreich 84“ des Albums wurde indiziert. Neben missverstandenen Worten, gab es ganze Sätze wie „…zerschlagt den anderen das dumme Gesicht…“, die die Antragsteller frei erfunden hatten. Das einzige Lied auf dem Album, in dem man nationalistisches Gedankengut hätte hineininterpretieren können, das „Deutschland“-Lied, das Kultlied einer Skinhead-Generation, wurde mit keinem Wort im Indizierungsbescheid erwähnt.
1985 erschien ihr zweites Album „Böse Menschen, böse Lieder“. Von da an hatten sie auch über Frankfurts Grenzen hinaus wachsenden Erfolg. Außerdem wurde seit „Der nette Mann“ kein einziges Album der Onkelz mehr indiziert. Bei ihren Konzerten kamen jedoch immer noch sowohl Skins als auch Punks: Die Fans der Böhsen Onkelz hatten sich also größtenteils nicht von ihrem Wandel beeindrucken lassen. Was die Presse jedoch sah, waren ausschließlich die rechts gesinnten Fans mit erhobenem Arm. Sie sahen nicht die Band, die sich eindeutig gegen jede Form von politischen Extremen auflehnte. Viele Redakteure schrieben, die Band habe sich nicht eindeutig von ihrer Vergangenheit distanziert. Auch die immer wiederkehrenden Forderungen, ihren Bandnamen zu ändern, um einer Distanzierung mehr Ausdruck zu verleihen, wiesen die Onkelz bis heute entschieden zurück. Der Grund dafür ist schlichtweg, dass jeder Mensch, also auch die Onkelz, Fehler machen und aus ihnen lernen müssen. Genau das haben die Onkelz getan! Sie wissen, dass sie viel Mist gebaut haben und stehen genau dadurch, dass sie ihren Bandnamen nicht geändert haben, zu diesen Fehlern und wollen zeigen, dass man sich ändern kann, eine Entwicklung durchmacht. Eine Namensänderung wäre einfach nur ein Zeichen von Verlogenheit und nicht von Veränderung gewesen.
Als 1987 ihr neues Album „Onkelz wie wir“ erschien, läutete dies das offizielle Ende der Skinhead-Phase an. Das Lied „Erinnerungen“ macht dies sehr deutlich:
„Hast Du wirklich dran geglaubt, dass die Zeit nicht weitergeht?Hast Du wirklich dran geglaubt, dass sich alles um Dich dreht?Man hat sich reichlich gehaun und nie dazugelernt.Viel Alkohol, viel Fraun. Von der Wirklichkeit entfernt.“Refrain:“Ich erinner mich gern an diese ZeitEine Zeit, die man nie vergisstDoch ich muss mein Leben leben, meinen Weg alleine gehnMachs gut, Du schöne Zeit – Auf Wiedersehen…“
1987 sagten sich viele der „alten“ Fans von den Onkelz ab. In Skinhead-Kreisen wurden sie als „Verräter“ beschimpft.
Einige Beispiele für die eindeutige Distanzierung von rechts sind die Lieder „Deutschland im Herbst“ von 1993 („Weißes Album“), „Ich“ von 1995 („Hier sind die Onkelz“) sowie „Ohne mich“ von 1998 („Viva Los Tioz“), in dem es eindeutig heißt:
„…Und hier ein paar Worte an die rechte Adresse: Leckt uns am Arsch, sonst gibt’s auf die Fresse! Ich hasse euch und eure blinden Parolen! Fickt euch ins Knie, euch soll der Teufel holen! Ihr seid dumm geboren, genau wie ich. Doch was ich lernte, lernt ihr nicht! Ihr seid blind vor Hass, dumm wie Brot. Ihr habt verschissen, eure Führer sind tot!…“.
Die Onkelz waren zudem in unzähligen Talk-Shows zu Gast, u.a. auch bei Boulevard Bio, und kämpften jedes Mal darum, ihr „rechtes Image“ durch Aufklärungsarbeit zu beseitigen. Leider haben die Medien nicht an den Wandel der Onkelz geglaubt, so dass sie auch heute noch oft als „rechte Band“ abgestempelt werden, ohne dass man dies hinterfragt. Lediglich diejenigen, die sich mit der Band, der Geschichte und den damit verbundenen Geschehnissen auseinandersetzen, können sich ein Bild von den „wahren“ Onkelz machen. Wir haben dies getan! Wir sind nicht der Auffassung, Fans einer rechtsradikalen Band zu sein, sondern wir sehen eine Band, die einen durch ihre Texte manch schwierige Lebenssituation bewältigen lässt. Die Onkelz singen nicht, wie viele andere, von einer schönen heilen Welt, sondern drücken das aus, was sie und viele tausend andere schon erlebt haben, auch wenn es den Medien zu hart erscheint.So ist nun mal das Leben!
Die Presse bezieht sich mittlerweile fast nur noch auf das Lied „Türken raus“, das sie 1979 als jugendliche Punks geschrieben haben und auch nie die Absicht hatten, es auf einer LP zu veröffentlichen. Sie spielten es wenige Male live und nur das Demo-Tape brachte dieses Lied auf illegalem Wege in Umlauf. In diesem Fall hatte der Song den Hintergrund, dass sie mehrfach von türkischen Jugendbanden auf ihrem Heimweg verdroschen wurden. Wut machte sich unter den Onkelz breit, das ist der Grund weshalb Stephan diesen Song schrieb. Zur damaligen Zeit hatte der Song aber weder einen politischen Hintergrund, noch symphatisierten die Onkelz mit der rechtsextremen Szene.
Auch Anzeigen in Zeitschriften mit den Slogans der Onkelz „Wir verurteilen: Rechten wie linken Terror, Gewalt gegen Minderheiten, Rassismus, Intoleranz“ halfen nicht dabei, dass ihr Wandel von den Medien akzeptiert wurde. Die Onkelz haben während ihrer nunmehr über 20jährigen Bandgeschichte leider mehr voreingenommene Berichterstattung erleben dürfen als gut recherchierte Artikel.
Das aktuellste Beispiel für schlechte Berichterstattung war die Sendung „MTV Masters“ des Musiksenders MTV, der am 21.07.2001 einen Bericht über die Onkelz sendete. Wie aus einem Brief der Onkelz an die MTV-Geschäftsleitung zu ersehen war, beschäftigte sich eine Redakteurin seit über einem Jahr mit den Recherchearbeiten über die Böhsen Onkelz und hatte auch Interviews und Gespräche mit der Band geführt. Es hätte also einen ordentlichen Bericht geben können, wenn MTV diese Redakteurin nicht 2 Tage vor Sendetermin ihrer Aufgaben entbunden hätte und diese anscheinend einem Laien übertragen wurden. Denn was MTV ausstrahlte, strotze nur so vor Fehlern und sobald einmal etwas Positives oder Aufklärendes im Beitrag gezeigt wurde, folgte sofort im Anschluss die Stimme der Background-Sprecherin, die mit ihren Kommentaren wieder alles in Frage stellte, so dass der uninformierte Zuschauer keine eindeutigen Erkenntnisse erhielt. Man bekam den Eindruck, dass sich von damals bis heute nichts an der Band Böhse Onkelz geändert hätte.
Die Böhsen Onkelz haben Fehler gemacht, die ihnen bis heute nachgesagt werden. Aber sie stehen zu diesen Fehlern und kennen die Konsequenzen, wie kein anderer! Ab 1985 (das sind jetzt rund 16 Jahre) finden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine rechte Band handelt – im Gegenteil. Kaum eine andere Band unternimmt mehr für Opfer rechter Gewalt als die Onkelz! Hinzu kommen Merchandising-Produkte, die Kindern der dritten Welt helfen sollen. Die Band würde sofort bei Benefiz-Veranstaltungen wie „Rock gegen Rechts“ usw. mitspielen, doch einige Künstler wie Peter Maffay oder Udo Lindenberg, die wesentlich „medienfreundlicher“ sind als die Onkelz, weigern sich, mit den Onkelz auf einer Bühne zu spielen.
Onkelz-Konzerte gehören zu den meistbesuchten Konzerten in ganz Deutschland und das nicht grundlos. Wer einmal der Band verfallen ist, bleibt ihr treu. Und wer meint, dass auf diesen Konzerten viele Rechte mit erhobenem Arm stehen würden, der irrt sich gewaltig. Die Securities werden seit Jahren von den Böhsen Onkelz angewiesen, bereits an den Eingängen potentielle Aufrührer und sichtbare Skins herauszufiltern. Diejenigen, die ohne auffällig rechtes Erscheinungsbild eine solche Gesinnung haben, bleiben natürlich unentdeckt. Wenn dann jedoch während des Konzerts jemand seinen Arm hebt, wird dieser sofort von Securities der Halle verwiesen. So läuft das Konzert-Management der Onkelz!
Hier noch mal ein paar Zahlen und Fakten zum Thema Skins in Deutschland: Der Verfassungsschutzbericht 2000 gibt ca. 9.700 rechtsextreme Skinheads in der BRD an, von denen ungefähr 2/3, also rund 6.500 mindestens eine Onkelz-CD im Schrank stehen haben sollen. Da die Onkelz von jeder Neuveröffentlichung ca. 500.000 Einheiten verkaufen, und bereits 17 Alben veröffentlicht haben, müssten bisher schon über 8 Millionen Platten verkauft worden sein. Von daher kann man wirklich nicht davon ausgehen, dass Onkelz-Fans rechtsradikal eingestellt sind. Es sind wohl vielmehr Menschen wie du und ich, die gerne Onkelz hören, auf ihre Konzerte gehen und deren Platten kaufen.
Anzeige für die neue Single der Onkelz, die 2 Songs enthält,
die sich nicht auf dem Mitte April 2002 erscheinenden Studio-Album befinden.
Wir freuen uns jedenfalls schon auf den 06.06.2002, wenn die Böhsen Onkelz in den Messehallen Kassel auftreten und wir uns dann vor Ort unseren eigenen Eindruck von den Fans und den Böhsen Onkelz machen können.
In diesem Sinne: Viva Los Tioz!!!