Das Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel

(12.05.2001 18:31)

Das Archiv der deutschen Frauenbewegung wurde 1983 in Kassel gegründet. Es ist das einzige deutsche Archiv, dass sich mit der ersten Frauenbewegung (von 1800 bis 1967) befaßt.

Diese Archive beschäftigen sich jedoch mit der zweiten deutschen Frauenbewegung ab 1967. Das Archiv der deutschen Frauenbewegung wird seit 1992 durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert und erhält einen Mietkostenzuschuss von der Stadt Kassel. Da diese Gelder jedoch nicht ausreichen, wird das Archiv seit Herbst 1992 vom Freundinnenkreis des Archivs der deutschen Frauenbewegung unterstützt.

Umgangssprachlich unter dem Namen „Frauenarchiv“ bekannt, handelt es sich bei dieser Institution nicht nur um eine Sammlung von über 16500 Büchern und Sammelbänden, 4500 Abbildungen zur Frauenbewegung und Emanzipationsgeschichte (im Fotoarchiv), einer umfangreichen Zeitungsausschnitt-Sammlung und über 180 Ordnern mit Informationen über Protagonistinnen und Themengebieten der Frauenbewegung, sondern viel mehr um eine „Bibliothek zur Geschichte von Frauen und Frauenbewegung für den Zeitraum von 1800-1967“, ein „Forschungs- und Studienzentrum zur historischen Frauen- und Geschlechterforschung“ und einer „Bildungs- und Kultureinrichtung“ unter einem Dach.

Der feministischen Organisation geht es darum, die Dokumente der Frauenbewegung systematisch zugänglich zu machen und darüber hinaus diese Bewegung zu erforschen und über diverse Veröffentlichungen, Veranstaltungen und Ausstellungen ins öffentliche Bewußtsein zu tragen.

Da das Alltagsleben und die Stellung von Frauen in dem genannten Zeitraum für das Verständnis der Frauenbewegung eine wichtige Rolle spielen, werden nicht nur Sach- und Fachbücher, sondern auch Romane, Haushalts- und Benimmbücher (z.B. ein „Christlicher Ratgeber für junge Frauen, welche in die Fremde gehen wollen“) gesammelt.

Natürlich gilt das besondere Interesse der organisierten Frauenbewegung: „Sie soll in all ihren Phasen und Erscheinungsformen dokumentiert werden“. Daher strebt das Archiv in diesem Bereich nicht bloß eine exemplarische sondern eine vollständige Erfassung aller Dokumente an. Weitere Schwerpunkte sind die „Frauenlyrik“ und eine Sammlung zur „Autonomen Kassler Frauenbewegungsgeschichte seit 1974“.

Im Archiv lagern über 16.500 Bücher und Sammelbände sowie etliche Zeitschriften, die zum Teil aus dem 19. Jahrhundert stammen.

Im eigentlichen Archiv befinden sich Nachlässe und Akten. Es handelt sich dabei um Teilnachlässe einzelner Frauen, wie z. B. dem „Acht Meter Nachlaß“ der Kasseler Juristin und „Mutter der Grundgesetzes“ Elisabeth Selbert. Es beinhaltet aber auch Materialien einzelner Organisationen oder städtischer Akten.

Regelmäßig werden Forschungsprojekte durchgeführt. Themen dieser Projekte waren unter anderem die „Geschichte von Menstruation und Hygiene“ oder „Das Verhältnis von Frauen, Arbeit und Geld“. Aus diesen Forschungsprojekten wurden schon zwölf Bände und ein Sonderband der Schriftenreihe des Archivs der deutschen Frauenbewegung verfasst. Darüber hinaus erscheint zweimal jährlich die „Ariadne, Almanach des Archivs der deutschen Frauenbewegung“.

Passend zu einem anderen Schwerpunkt, nämlich der regionalen Frauengeschichtsforschung, bietet das Archiv der deutschen Frauenbewegung für geschlossenen Gruppen die Stadtrundfahrt „Die Casselerinnen – Streifzüge durch zwei Jahrhunderte“. „In einer zweistündigen Busfahrt werden verschiedene Stationen von frauengeschichtlicher Bedeutung angefahren und einiger Kasseler Bürgerinnen porträtiert.“

Wäre das nicht eine tolle Idee für den nächsten Wandertag oder einen Ausflug mit dem Geschichtsleistungskurs? Aber auch ein Besuch der Präsenzbibliothek wäre sicherlich im schulischen Rahmen – natürlich auch im privaten Rahmen – interessant.

Das Archiv der deutschen Frauenbewegung wird überwiegend von wissenschaftlich interessierten Menschen, Schulklassen, StudentInnen des Fachbereich 5 (Sozialwesen, Geschichte, etc.) oder Journalisten genutzt. „Es kam sogar schon vor, daß eine Frau extra um das Archiv zu besuchen aus Japan anreiste“, erzählt die Archivmitarbeiterin Kerstin Wolff. „Ich finde es manchmal erstaunlich wer uns kennt und wer uns nicht kennt“, sagte sie weiterhin und erklärte außerdem, daß sie oft mit dem Archiv Frau und Musik verwechselt und gefragt werden, ob sie nach Frankfurt umziehen oder in Kassel bleiben.

Wenn ihr jetzt auch einmal etwas im Archiv der deutschen Frauenbewegung recherchieren wollt, sei es für ein Referat oder nur aus Interesse, dann geht doch einfach mal vorbei. Die Nutzung der Betände des Archivs und die Beratung durch die Mitarbeiterinnen vor Ort ist übrigens kostenlos, lediglich für Kopien oder Bildausleihe wird eine Gebühr verlangt.

Archiv der deutschen Frauenbewegung
Gottschalkstr. 57 (Hinterhaus)
34127 Kassel

Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag von 10-16 Uhr.