Der Kampf ist vorbei!

Kurs der Jg.-Stufe 12 (21.08.2001 21:53)

Als aktueller Einstieg in den Gemeinschaftskunde-Grundkurs der Jg.-Stufe 12 wurde die Plakataktion des Fördervereins für das Holocaust-Mahnmal gewählt. Als Grundlage diente ein Satz Postkarten der umstrittenen Plakataktion. Die Fragestellung lautete: „Wie beurteilen Sie die Plakataktion des Fördervereins unter der Berücksichtigung der aktuellen Mediensituation?“

Das Motiv des Anstoßes

Meines Erachtens ist die Spendenaktion für das Holocaust-Mahnmal im Allgemeinen durchaus vorbildlich. Diese Unterstützung durch ein Plakat auszudrücken halte ich auch für eine gute Idee. Jedoch gehen die Meinungen über den Plakataufdruck teilweise weit auseinander. Verständlich, denn der Aufdruck „den Holocaust hat es nie gegeben“ ist eine starke Provokation. Es folgt zwar eine Erläuterung im Kleingedruckten „Es gibt immer noch viele, die das behaupten. In 20 Jahren könnten es noch mehr sein“, dennoch ist es zu provozierend. Jedoch noch problematischer finde ich die Gratispostkarten, bei denen man die Erläuterung erst auf der Rückseite findet. Zu der Erläuterung dort heißt es: „Spenden sie für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas“. (…)

Es ist offensichtlich, dass der Förderkreis und die Vereinsvorsitzende Lea Rosh das Holocaust-Mahnmal unterstützen und nicht den Holocaust leugnen wollen. Jedoch hätte man die „Werbung“ etwas rücksichtsvoller ausdrücken und gestalten können. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass sie bewusst provozieren wollten, also dass sie sich bewusst darüber waren, dass dieses Plakat Menschen verletzen kann. Das halte ich eher für wahrscheinlich, denn etwas, das Aufsehen erregt, kommt eher in die Medien, und die sind wohl die billigste und vielleicht auch effektivste Art, um für etwas zu werben. M.E. ging der Schuss aber nach hinten los, denn viele Menschen haben das Plakat falsch verstanden, und nachdem was ich gehört habe, sind die Spenden kaum angestiegen. Ich stimme dem Grünen Volker Beck zu der sagt: „Wenn das Plakat überall falsch verstanden wird, muss man natürlich Konsequenzen ziehen.“

Benjamin Bennefeld, Jg.-Stufe 12
Ich finde, dass man diese Frage nicht eindeutig beantworten kann, da es viele Argumente dafür und dagegen gibt.

Die positive Seite:
Durch den provokanten Slogan denken viele Menschen, die das Plakat sehen, über den Holocaust nach, was zu einer höheren Spendenbereitschaft führen kann. Damit wird dieses tragische Ereignis nicht so schnell in Vergessenheit geraten.
Außerdem diskutieren, ebenfalls durch diese Provokation angestoßen, ein größerer Personenkreis über dieses Thema. Es wird in den Medien angesprochen, wodurch es natürlich eine größere Verbreitung erhält, und somit mögliche Spender für das Mahnmal zusätzlich aktiviert.

Die negative Seite:
Die Menschen, die in einem KZ eingesperrt waren und es überlebt haben, oder diejenigen, die dort Angehörige und Freunde verloren haben, halten dieses Thema als ungeeignet für eine Werbekampagne und fühlen sich durch diese Provokation angegriffen. Sie verstehen diese Ironie und den Sarkasmus nicht, weil der Hintergrund zu ernsthaft ist, um zweideutig darüber zu schreiben und zu sprechen. In diesem Zusammenhang erscheint mir diese Aktion als ungeeignet.
Ich persönlich würde sagen, das diese Aktion positiv war, da es die Leute aufrüttelt. Es ist von Holocaust-Opfern nicht klug, dagegen zu klagen, weil diese Werbekampagne ja im Prinzip für ihre Interessen eintritt. Jeder müsste allmählich verstehen, dass dieses Thema in Deutschland ernst genommen wird, und solche Plakate nicht entworfen werden um zu verletzen.

Tobias Frosch, Jg.-Stufe 12
Lea Rosh hat, ich kann nicht sagen, ob es gewollt oder ungewollt geschah, durch ihre Plakataktion („den Holocaust hat es nie gegeben“) eine Diskussion in den Medien und innerhalb der bundesrepublikanischen Gesellschaft ausgelöst.
Eigentlich sollte dieses Plakat einen anderen Zweck erfüllen: es sollten Spendengelder für ein Mahnmal gesammelt werden, das an die Judenverfolgung im Dritten Reich erinnern wird. Allerdings führte ihre Plakataktion zu Irritationen und Missverständnissen, denn es bestand scheinbar die Gefahr, dass ein Teil der Bevölkerung diesen Satz missverstehen könnte und die deutsche Vergangenheitsbewältigung zum Stillstand kommen könnte. Ich bin eigentlich überzeugt, dass das Plakat einen solch fatalen Irrtum nicht provoziert, denn die Menschen sollten diesen Teil der deutschen Geschichte kennen.

Katarina Koch, Jg.-Stufe 12
Da sich für das Holocaust-Mahnmal in erster Linie nur der Förderkreis einsetzt und es nur zum Teil durch Subventionen finanziert wird, müssen Investoren gesucht werden. Das Medium (Plakat, Zeitschriften, TV-Anzeigen oder Postkarten) spielt dabei lediglich eine sekundäre Rolle. Wichtig ist, dass eine Anzeige Aufmerksamkeit erwirkt – unter Umständen auch provoziert. In Deutschland ist jeder Satz, der mit der Zeit des Nationalsozialismus in Verbindung gebracht wird, in den Medien potenziell brisant. In diesem speziellen Fall ist es sehr schwierig, den schmalen Grad zwischen lukrativer Provokation und Beleidigung zu beschreiten.
Lea Rosh, die für zugespitzte Argumente bekannt ist, hat sich dieser riskanten Aufgabe gestellt. Wie auch Volker Beck richtig kommentiert, erfordert dieses Thema eine breite Diskussion. Sie kann nicht mit erhitzten Gemütern stattfinden. Fakt ist nämlich, dass sich Personen angegriffen fühlen. Hat sich Lea Rosh also zu weit aus dem Fenster gelehnt?
Ich denke nein, denn sie hat erreicht, was sie erreichen wollte. Auf eine Provokation folgt eine Erläuterung und ein Spendenaufruf, der sinnvoll erscheint, wenn man sich zunächst in aller Ruhe distanziert. Das Problem liegt lediglich darin, dass sich zu wenig Leser angesprochen fühlen, die der Erläuterung Recht geben. Dem Einsatz von Lea Rosh ist trotzdem pionierhafter Tribut zu zollen.(…)