Von unserem Kunstlehrer Manfred Schön (09.09.2002 00:24)
Am Mittwochnachmittag, den 27.August 2002, trafen sich die Volleyball-Kollegen der Goetheschule nicht wie gewohnt beim Kollegensport, sondern zu einem Besuch der Dokumenta 11 am Ausstellungsort Binding-Brauerei.
Binding-Brauerei
Wie bei den letzten Dokumenta-Ausstellungen war dies ein Angebot des Kunstlehrers Manfred Schön, der durch sein außerordentliches Kunstverständnis und seine Begeisterung für die moderne Kunst seinen Kollegen immer wieder einen tieferen Einblick ermöglicht.
Der UMLAUF hat Herrn Schön gebeten, am Beispiel dieses geführten Spazierganges mit seinen Kollegen eine kurze Würdigung der Dokumenta 11 zu erstellen. Im Folgenden die Zusammenfassung von Herrn Schön:
«Ich hatte nicht den Anspruch, den Kollegen alle Arbeiten zu zeigen, sondern wählte neun Arbeiten aus, die ich vorstellte und kommentierte.
1. Asymptote: Flux Space
2. Arturo Barrio: Idee/Situation
3. Allan Sekula: Fish Story
4. Nari Ward: Landings
5. Tania Bruguera: Rauminstallation
6. Touhami Ennadre: 11. September 2001
7. Fabian Marcaccio: Multiple/ Site Paintants
8. Marc Manders: Selfportrait as a Building
9. Annette Mesager: Soft-Sculptures
Nach zwei Stunden setzten wir uns zu einem erfrischendem Getränk zusammen und sprachen über das Gesehene und Erlebte. Bei dieser Gelegenheit konnte ich meine subjektive Bewertung der Dokumenta vornehmen. Danach ergibt sich für mich folgendes Bild, das ich in acht Punkten zusammenfasse:
1. Der künstlerische Leiter der Dokumenta 11, Okwui Enwezor, versteht die Arbeiten der eingeladenen Künstler als «Signale aus dem Global Village».
2. Diese Signale sind im Wesentlichen in den vier Ausstellungsorten Binding-Brauerei, Fridericianum, Dokumentahalle und Kulturbahnhof ausgestellt, wobei die Bindingbrauerei und das Fridericianum das Gros der Arbeiten beinhaltet.
3. Inhaltlich nehmen die meisten Arbeiten (Signale) der Künstler Bezug auf die Problembereiche der jeweiligen Bezugsländer: Armut, Verstädterung, Überbevölkerung, Arbeitslosigkeit, Unterdrückung, Ausbeutung, Not, Krieg, Flucht u.ä.
4. Formal dominieren in der Ausstellung Fotoserien und Video-Installationen.
5. Insgesamt findet in der wünschenswerten Zuwendung zu brisanten gesellschaftlichen Fragen für mich kein inhaltlicher oder formaler Erkenntnis-, Wahrnehmungs- oder Erlebnisgewinn statt. Das, was in den Fotoserien und größtenteils auch in den Video-Installationen gezeigt wird, ist hinlänglich durch die Dokumentationen in den Print- und elektronischen Medien bekannt. Was bringen diese Wiederholungen dessen, was wir jeden Tag wahrnehmen (müssen)?
6. Ich denke, dass die Kunst mehr zu bieten hat, als das, was wir auf der Dokumenta 11 geboten bekommen. Für mich wird die Dokumenta 11 den Anspruch, eine Dokumentation zeitgenössischer Kunst zu sein, nicht gerecht.
7. Von dieser Kritik ausnehmen möchte ich folgende Arbeiten, die ich interessant und spannend finde:
Asymtote (Binding), Marc Wanders (Binding), Ward (Binding), Marcaccio (Binding), Messager (Binding), Shirin Nashat (Fridericianum), Doris Saledo (Fridericianum), Gonzales-Foerster (Auepark), Green (Auepark)
8. Ich wünsche mir, dass bei der nächsten Documenta der Anspruch «Dokumentation zeitgenössischer Kunst» deutlicher und vielfältiger umgesetzt wird.» Manfred Schön