(01.03.2001 23:23)
Am 18. März wird in Hessen erstmals nach dem neuen Wahlrecht gewählt werden. Nun kann endlich auch die hessische Wählerschaft ihre Stimmen panaschieren, sprich verschiedene Lieblinge unter den Parteien ankreuzen, oder kumulieren, also die Stimmen nur einer Partei oder bestimmten Kandidaten geben. Wen man nicht mag, der wird eiskalt eliminiert, zu deutsch: gestrichen.
Richard Schramm, Abteilungsleiter im KGRZ
Dass dies alles die Auszählung der Stimmen und die Ermittlung des Endergebnisses nicht gerade erleichtert, sollte eigentlich jedem klar sein. Man braucht eine neue Software zum Zusammenfassen der Stimmen und um die Wahlergebnisse zu berechnen.
Das Kommunale Gebietsrechenzentrum Kassel (KGRZ) hat diese Software den Gemeinden, Städten und Landkreisen zur Verfügung gestellt und in Nordhessen die nötige Infrastruktur für die Weiterleitung der einzelnen Wahlergebnisse errichtet.
Doch UMLAUF wollte von Richard Schramm, Abteilungsleiter im KGRZ, konkret wissen, wie die Wahlergebnisse schließlich ermittelt und der Öffentlichkeit dokumentiert werden…
UMLAUF: Herr Schramm, wie weit sind die Vorbereitungen für die Kommunalwahlen am 18. März vorangeschritten?
Schramm: Nun, inzwischen sind in allen Landkreisen die Vorbereitungen soweit abgeschlossen, dass die Wahllisten und Wahlbenachrichtigungen verteilt wurden und die Briefwahlen begonnen haben.
UMLAUF: Wie fühlen Sie sich, wenn Sie an die noch vor Ihnen liegende Arbeit denken?
Schramm: Na ja, bei so einer Wahl sind wir natürlich alle sehr gespannt, ob die Leute vom neuen Wahlrecht auch Gebrauch machen oder wie gewohnt nur ein Kreuz bei einer Partei machen oder erst gar nicht zur Wahl gehen.
UMLAUF: Welche Rolle spielt das Kommunale Gebietsrechenzentrum Kassel bei der Auszählung der Stimmzettel?
Schramm: Bei der Auszählung selber spielt das Rechenzentrum keine Rolle, wir haben nur die Software an die Gemeinden geliefert und dort findet sowohl die erste Trend-Auszählung am Wahlabend sowie die komplette Auszählung am Montag statt.
UMLAUF: Was, bitte, ist eine Trend-Auszählung?
Schramm: Da werden nur die Stimmzettel mit einem einzigen Kreuz für eine Partei gezählt und registriert und somit der vorläufige Wahltrend festgestellt.
UMLAUF: Und wie werden Stimmzettel „geheilt“?
Schramm: Es gibt vom Gesetz her die Möglichkeit Fehler, die ein Wähler macht, zu heilen. Wenn auf einem Stimmzettel zwei Listen angekreuzt wurden, ist dieser Zettel eigentlich ungültig. Sind in diesen Listen aber auch Kandidaten angekreuzt, dann wird das Kreuz über der Liste nicht mitgezählt und es gelten nur die Kreuze hinter den Personen. Wird andererseits ein Stimmzettel mit zu vielen Stimmen abgegeben, werden die Kandidaten mit den wenigsten Kreuzen solange gestrichen, bis die Höchstzahl der Stimmen wieder erreicht ist.
UMLAUF: Wann kann Ihrer Meinung nach frühestens mit den endgültigen Wahlergebnissen gerechnet werden?
Schramm: Also, die meisten Gemeinden haben ja nur so um die 3000 Wähler, die werden schon bis zum Dienstagabend fertig sein. Bei der Stadt Kassel wird’s mindestens bis Mittwoch dauern, aber am Donnerstag sind sie da auch spätestens fertig.
… doch im Inneren steckt Hochtechnologie vom Feinsten, um die Stimmzettel so schnell wie möglich auszuwerten
UMLAUF: Sind denn Ihre Rechner gegen Angriffe durch Hacker oder Viren geschützt oder könnten Hacker die Wahl manipulieren?
Schramm: Die an der Stimmauszählung beteiligten Rechner sind nicht an das Internet angeschlossen und die Wahlergebnisse werden uns von den einzelnen Gemeinden über eine feste Leitung übermittelt. Ins Internet kommen die Ergebnisse erst bei der Präsentation durch das Hessische Landesamt für Statistik.
UMLAUF: Wird Ihrer Meinung nach die Kapazität der angeschlossenen Rechner ausreichen um den Datenstrom zu verarbeiten?
Schramm: Unseren Berechnungen nach ja. Ich hoffe nur, wir haben uns nicht verrechnet. Die PCs vor Ort zur Auszählung der Stimmen reichen auf jeden Fall aus. Später, wenn die ganzen Daten bei uns und bei der hessischen Wahlleitung gesammelt werden, wird es einige Engpässe geben. Wirklich kritisch wird’s aber erst, wenn die Daten ins Internet gestellt werden. Dann muss man auch mit längeren Internet-Zugriffszeiten durch die erwartete Menge der Zugriffe rechnen.
UMLAUF: Und wie wird die nötige technische Infrastruktur für diese Wahl finanziert?
Schramm: Die einzelnen Kommunen bezahlen die anfallenden Kosten für die Wahl und die Auszählung der Stimmen selber. Bei der Frage um die Finanzierung der Datenübermittlung für eine zentrale Datensammlung gab es anfangs einige Probleme, aber jetzt ist die Finanzierung durch das Land Hessen gesichert.
UMLAUF: Gibt es bei dem neuen Wahlrecht denn noch die gewohnten Prognosen?
Schramm: Nein. Es werden zwar am Wahlabend einige Trends gezeigt werden, aber richtige Prognosen gibt es wegen der Komplexität des neuen Wahlrechts nicht mehr.
UMLAUF: Also hat die Presse auch keinen Vorsprung mehr in Bezug auf Informationen über den Verlauf der Wahlen gegenüber dem einfachen Bürger?
Schramm: Nein. Es wird so sein, dass jeder die Möglichkeit hat, sich über die Wahlergebnisse zum gleichen Zeitpunkt im Internet zu informieren. Die Medien haben da keinen Vorsprung mehr.
UMLAUF dankt Ihnen für dieses informative Gespräch.
Die Wahlergebnisse können voraussichtlich ab Dienstag, den 20. März 2001, unter www.hsl.de abgerufen werden.