Mein Leben als Bücherwurm

Von unserer Redakteurin Julia Pfannkuch (02.09.2006 21:03)

Im Gegensatz zu anderen Ländern existiert in Deutschland kein einheitliches Schulbibliothekssystem. Zwar besitzen die allermeisten Schulen eine Bücherei, diese genügt aber in höchstens 10% der Fälle den Ansprüchen an eine moderne, multimediale, pädagogisch orientierte Bibliothek mit Schülerarbeitsplätzen, Leseecken, Computern und digitalem Katalog. Über die positiven Lerneffekte von Schulbibliotheken wird in internationalen Studien berichtet. Allerdings sind die dort zugrunde gelegten Schulbibliotheken besser und anders ausgestattet als in Deutschland und weitergehend in den Unterricht eingebunden. UMLAUF Online hat Frau Horn über den Stand unserer Schulbücherei befragt.

Frau Horn in ihrem Bücher-Reich

UMLAUFOnline: Frau Horn,wie kamen Sie dazu, Herrn Trebings Stelle in der Bücherei zu übernehmen?
Frau Horn: Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen liebe ich Bücher und bin ein Bücherwurm. Zum anderen wollte ich mich auch zusätzlich außerhalb des Unterrichts an der Schule engagieren. Die Funktion in der Bibliothek stellte so eine perfekte Möglichkeit dar beides zu verbinden.

Zu Beginn des Schuljahres ist die Hektik besonders groß

UO: Welche Veränderungen haben Sie in der Bücherei vorgesehen?
Frau Horn: Wir wollen zum Schulbeginn die gesamte Bücherei auf elektronische Datenverarbeitung umstellen, sodass alle ausgeliehenen Bücher elektronisch registriert sind. Als ich mit meiner Arbeit in der Bibliothek begann, war der Buchbestand uralt. Sowohl in letzter Zeit, als auch zukünftig, sind wir damit beschäftigt, die alten Bücher auszusortieren und den Bestand zu modernisieren. Ein Grund dafür ist auch G8. Denn mit dem Konzept von G8 ist verbunden, dass die Arbeit mit aktuellen Büchern garantiert sein muss. Des weiteren würde ich gerne eine Art Basar oder einen Büchertausch organisieren. Das kann man so verstehen, dass von den Schülern gekaufte Bücher an die nachfolgenden Klassen zu einem angemessenen Preis weiterverkauft werden. Diese Aktion kann für beide Seiten Vorteile bieten. Zum einen müssen die jüngeren Schüler nicht den vollen Buchpreis für ein neues Buch bezahlen und zum anderen bekommen die älteren Schüler einen Teil ihres Kaufpreises wieder zurück.

UO: Gibt es Probleme oder Defizite, mit denen Sie sich in der Bücherei auseinandersetzen müssen?
Frau Horn: Ja, die ganze geleistete Arbeit ist lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ich habe allein ein Jahr gebraucht, um das komplette elektronische Equipment zu bekommen. An dieser Stelle muss ich mich auch herzlich beim Förderverein bedanken, der zwei hohe Buchspenden für die Präsensbücherei an uns überreicht und die elektronischen Geräte bezahlt hat. Das Geld ist rar und die Bücherei hatte bisher einen nicht allzu hohen Stellenwert. Somit war es schwer, das nötige Geld für Modernisierung und Erweiterung des Büchereibestandes zu bekommen. Ein weiteres Problem stellt die Größe der Schule dar. Durch die Verteilung auf zwei Gebäude wird die Organisation und die Kommunikation zwischen der Bücherei, den Schülern und dem Kollegium erheblich erschwert. Dies wirkt sich wiederum auf die Belastung aller beteiligten Personen aus.

Mit Beginn des Schuljahres werden alle Bücher eingescannt.

UO: Ist es problematisch Schüler für die Bibliotheks-Ag zu finden?
Frau Horn: Das stellt überhaupt kein Problem dar. Wir sind ein sehr engagiertes Team und es kommen immer mehr Schüler hinzu. Obwohl die Arbeit sowohl körperlich als auch psychisch besonders bei der Bücherumstellung sehr stressig ist, arbeitet das ganze Team gut zusammen und es sind immer genügend Schüler da, um mir bei der Arbeit zu helfen. Dabei muss man auch erwähnen, dass sie für ihre Arbeit im Grunde nichts bekommen, außer vielleicht ab und zu Süßigkeiten. (sie lacht) Auch die Aktion des letzten Abiturjahrganges ist da zu erwähnen. Sie haben Bücher, die sie aus eigener Tasche bezahlt haben, nach ihrem Abitur der Bücherei geschenkt. Darüber habe ich mich sehr gefreut!

Die neuen Strichcodes sind eingeklebt

UO: Macht Ihnen die Arbeit Spaß oder gibt es auch Momente, in denen Sie die Arbeit hinwerfen wollen?
Frau Horn: Nein. Mir ist es noch nie passiert, dass ich einfach aufhören wollte. Natürlich ist es auch im menschlichen Bereich sehr anstrengend. Doch ich bin überzeugt, dass diese positive Einstellung auch an der Zusammenarbeit unseres Teams liegt. Jeder von uns hat ab und zu einen schlechten Tag oder erlebt gerade einen Tiefpunkt, jedoch wird man direkt wieder von den anderen aufgebaut und unterstützt. In diesen Momenten bin ich immer wieder glücklich über unsere engagierte Schülerschaft.

Immer eifrig bei der Sache

UO: Was genau versteht man unter der Präsenzbücherei?
Frau Horn: Die Präsenzbücherei stellt eine Art Bibliothek dar. Die dort vorhandenen Bücher müssen zwar im Raum bleiben, können jedoch von der gesamten Schülerschaft und den Lehrern genutzt werden. Die Präsenzbücherei soll drei Aufgaben erfüllen. Zum ersten soll sie zum Nacharbeiten und zur Unterrichtsvorbereitung dienen. Die zweite Aufgabe ist die Weiterbildung. Den Schülern stehen auch Computer mit Internetanschluss und Computerprogrammen wie z.B. Lexika zur Verfügung. Außerdem soll dort für die Schüler nach und zwischen den Unterrichtsstunden eine Möglichkeit zum Entspannen gegeben werden. Es werden auch Romane und Zeitungen sowohl in deutsch als auch in englisch und französischer Sprache vorhanden sein. Materialien wie Fachbücher zu jeglichen Bereichen und Nachschlagewerke werden zu finden sein, aber auch Materialien zum spielerischen Übungen, fremdsprachliche Hörbücher und aktuelle Kinder- und Jugendbücher. Außerdem ist eine Zusammenarbeit mit der Stadtteilbücherei geplant.

Ein Blick von oben auf das Büchereiteam

UO: In wie fern sind sie zufrieden mit dem aktuellen Bücherbestand und welche Wünsche haben sie für die Zukunft der Bücherei?
Frau Horn: Ich bin noch längst nicht zufrieden. Bis zu meiner Pensionierung hoffe ich die Bücherei auf einen modernen Stand zu bringen. Und da habe ich ja noch etwas Zeit. Außerdem möchte ich das Ausleihen und die Rückgabe von Büchern weiterhin durch Elektronik vereinfachen. Auch die Präsensbücherei liegt mir sehr am Herzen. In dieser Hinsicht wünsche ich mir, dass ich die Ausstattung ständig erweitern kann und sie zu einem Ort wird, den Schüler und Lehrer sowohl zum Entspannen als auch zum Lernen gerne nutzen.

Frau Horn an ihrem „Befehlsstand“

UO: Frau Horn, wir danken Ihnen für das Interview und wünschen Ihnen noch viel Erfolg bei Ihrer weiteren Arbeit!