(09.11.2001 18:14)
Anorexia Nervosa. Hinter diesem Begriff verbirgt sich nicht etwa eine Pflanzen- oder Tierart, sondern der Fachausdruck für eine der vielen Arten von Essstörung, die den meisten Menschen als Magersucht bekannt ist.
Diese Erkrankung, unter der ca. 1% junger Frauen, hauptsächlich im Alter von 12 bis 25 Jahren, leiden, wird von den Betroffenen selber nur selten als Magersucht anerkannt. Für Außenstehende ist allerdings sofort starkes Untergewicht sichtbar. Besonders Tänzer, Leistungssportler und Prominente – wie Schauspieler oder Modells – sind gefährdet, der Hungersucht zu verfallen.
Allerdings leiden nicht nur Frauen unter dieser folgenschweren Krankheit. Zunehmend bekennen sich nun auch Männer zu dieser Essstörung. Statistiken besagen, dass mittlerweile rund fünf Prozent der Betroffenen männlichen Geschlechtes sind. So zum Beispiel auch Michael P. (Name von der Redaktion geändert). Jahrelang verheimlichte er seine Essstörung aus Angst, von Bekannten belächelt zu werden und aus dem Freundeskreis ausgeschlossen zu werden. Weil er im Ausland studierte, bemerkten Michaels Angehörige nichts von seinem lebensbedrohlichen Zustand. Als ein Nachbar ihn schließlich bewusstlos in seiner Wohnung auffand, war es schon zu spät. Michael starb im Alter von 24 Jahren an Unterernährung.
Zwar sterben etwa 5 – 20 % der Betroffenen, allerdings gibt es auch einige erfreuliche Beispiele, bei denen sich die Betroffenen nach dieser Sucht, die durchschnittlich drei Jahre andauert, wieder vollkommen erholen. Auslöser der Essstörung, die bei vielen Frauen nach ihrer ersten Monatsblutung zum Vorschein kommt, sind in den meisten Fällen Konflikte im Familienleben sowie Hänseleien von Mitschülern. Laut dem Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation für Krankheiten in der 10. Fassung war etwa ein Drittel der Magersucht-Patienten vor ihrer Erkrankung leicht übergewichtig. Der Auslöser von Anorexia Nervosa ist allerdings nicht immer der Wunsch nach dem perfekten Körper. Gefühle der Macht und Stärke, die in ihrem Umfeld nicht ausgelebt werden können, kommen bei der Magersucht zum Vorschein. Oft leben die Betroffen völlig isoliert und widmen ihre gesamte Freizeit ihrer Krankheit. Aus diesem Grund konsumiert ein Magersüchtiger die geringe Menge an Nahrung, die er im Laufe eines Tages zu sich nimmt, stets allein. Befragt man Bekannte der Betroffenen, so bezeichnen diese ihre Freunde meist als perfektionistische Musterkinder, die vor ihrer Krankheit beliebt waren und ihre Aufgaben – sowohl in Bezug auf die Schule, als auch privat – sehr ernst nahmen.
Eines der bedeutendsten Symptome der seit dem Mittelalter dokumentierten Magersucht ist der hohe Gewichtsverlust, der oft über 25% des Normalgewichts beträgt. Allerdings klagen die meisten Magersüchtigen über einen dicken Bauch und hungern aus diesem Grund pausenlos weiter, treiben zusätzlich Leistungssport oder nehmen Abführmittel ein, die dem Körper Wasser entziehen und ihn somit einem lebensbedrohlichen Wassermangel aussetzen. Dieser rundliche Bauch entsteht aber nur selten vom Essen, sondern in den meisten Fällen durch eine Erkrankung des Magen-Darm-Systems, die den Bauch anschwellen lässt und zu starken Schmerzen führt. Niedriger Blutdruck, aussetzen von mindestens drei aufeinanderfolgenden Regelblutungen, verringerte Herztätigkeit, Ohnmachtsanfälle, Haarausfall, Schwellungen und Taubheit am Körper, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche sind nur einige mögliche Symptome der Anorexia Nervosa. Stephanie M. (Name ebenfalls geändert), nun in ärztlicher Behandlung, klagt außerdem über blasse Haut, Wachstumshemmungen und flaumartige Behaarung im Gesicht.
Die schlimmsten Auswirkungen von Magersucht können Hirntumoren oder, nachdem die Erkrankten sich manchmal bis auf 45% ihres Körpergewichts gehungert haben und schließlich oft nur noch 30kg wiegen, der Tod. Dies ist allerdings eine Ausnahmeerscheinung. In einigen Fällen ist es möglich, die Krankheit völlig zu besiegen. Dazu ist eine mehrjährige Therapie nötig, die sowohl die körperlichen, als auch die psychischen Schäden heilen soll. Eine erfolgreiche Therapie besteht meist aus einer Familientherapie, einer Einzeltherapie und einer ärztlichen Betreuung.