Und wieder grüßt der Alkohol…

Von Stefan Hoffmann (10.02.2002 19:19)

Die krampfhafte Konzentration der rheinischen Jecken auf die Karnevalstage ist ziemlich albern und auch gesundheitsschädlich. Allein der ganze Alkohol, der im Ruhrgebiet innerhalb von wenigen Tagen konsumiert werden muss, erfordert ein ungeheueres Stehvermögen.
Wir Nordhessen, meist evangelisch und leistungsorientiert, verteilen unsere Freuden und Begierden auf das ganze Jahr. Und das sieht dann so aus:

Schon Wilhelm Busch hat gewarnt …

Jede Woche ist es emeut das Gleiche. Du überlegst dir schon am Mittwoch, wo gehe ich am Wochenende hin? Was mache ich, mit wem? Nicht schon wieder die Birne bis oben hin zu! Auf Dizze habe ich auch keinen Bock. Naja, dann geh‘ ich halt in ’nen Pub oder so. Mal sehn. Doch am Wochenende kommt sowieso wieder alles anders. Samstag Nachmittag ruft ’n guter Kumpel bei dir an und fragt, ob du nicht zu seiner Party kommen willst. Da sagst du natürlich nicht nein. Halb acht? OK. Kann ich da pennen? – ich meine, man kann ja nachher nicht mehr geh’n und steh’n. Gut. Also ist das auch geklärt.

… aber Kultur bleibt Kultur

Halb acht auf der Party. Nichts los, war ja klar, aber ’nen cooler Partykeller mit Billardtisch. Hätteste selber gern. Dann kommt neben der guten Mucke das Beste: Zwei fünfzig Liter Fässchen Bier. Na, so was – mit Zapfhahn – Schwups hast du das erst Bier des Abends in der Hand und zisch ist es auch schon wieder weg.

Drei Stunden später geht es nach der Menge Bier schon viel lustiger her und voller ist es auch. Dabei hast du dir doch vorher gesagt, dass du heut nicht so viel trinken willst. Egal! Nachdem du dich noch mal zwei Stunden später mit und vor deinen Freunden total zum Affen machst, merkst du gar nicht, wie die vielen grauen Zellen – eine nach der anderen – von alleine schwinden. Nun ist es soweit: Die megagroße Tequila-Flasche kommt auf den Tisch. Raus mit dem Gläschen und weiter geht’s! Nach dem vierten „Salz-Tequila-Zitronen-Schnaps“ überlegst du, wie viele Bier du eigentlich intus hast. Unendliche viele, deiner Meinung nach. Ich bin der Größte! Ein paar Literchen werden’s schon sein. Naja, so langsam drückt an diesem Abend zum zwanzigsten Mal die Blase. Auf zum Klo! Hui, links, rechts, schwierig, vielleicht treff ich ja heut noch mal, hui wie lustig! Danach entscheidet sich dein Magen mal an die frische Luft zu gehen. Peng! Wie ’n Schlag mitten in die Fresse! Wer kennt dieses Gef’ühl nicht?

Bier ist eben ein Kultgetränk

Da drückts auch schon so langsam in der Kehle. Also wieder zurück zum Klo. Besetzt! Scheiße! Klopf, klopf! Na endlich! Auf ist die Tür, schnell rein, hui, schon wieder dieses Gefühl, links, rechts, Mitte – schwups – links – daneben. So ’nen Dreck. Nicht mal mehr richtig kotzen kannst du. Von diesen Moment an peilst du gar nichts mehr und irgendeine seltsame Figur in schwummrigen Umrissen eines Menschen kümmert sich um dich. Dir ist es egal. Duschen, ab ins Bett. Naja, der obligatorische Eimer, das Stück Brot und das Glas Wasser stehen schon an ihrem Platz. Seltsam, du bemerkst es, doch plötzlich liegst du halbnackt auf deiner superweichen Matratze. Die Stimme, zu dem der Schatten am Ende des Tunnels anscheinend passen muss, wünscht dir eine gute Nacht. Klick, Licht aus, Tür zu. Alles dreht sich. Doch du denkst dir wieder mal, scheiß drauf und schläfst ein.
Wenn du nun gedacht hast, es ist alles vorbei – ha – dann irrst du dich! Der nächste Morgen kommt erst noch. Noch mindestens zwei Mal auf’s Klo – würg – Schädelbrummen bis zum Geht-nicht-mehr und der Spott der anderen sind dir sicher. Heidewitzka, ein pharmazeutisches Gegenmittel der Ruhrpottfirma Bayer, bitte, danke. Der ganze Tag im Arsch, egal.

Vielleicht ist einmal im Jahr Karneval doch die bessere Lösung?

Montagmorgen, Ausschlafdoppelstunde! Einer der weltweit langweiligsten Pädagogen deiner nunmehr völlig verdrehten Welt steht vor dir. Keine Ahnung, wovon der labert, du willst nur schlafen.