Es ist wieder soweit, am 24. September ist Bundestagswahl in Deutschland, also herrscht auch in Kassel in diesen Wochen große Wahlkampfstimmung, um die potenziellen 224.555 Wahlberechtigten im hiesigen Wahlkreis 168 zu überzeugen. Bei unserem UMLAUF-Special zur anstehenden Bundestagswahl beginnen wir mit der Partei DIE LINKE und der Bundesvorsitzenden der Partei, Katja Kipping. Denn wir lesen und schreiben ja bekanntlich immer von links nach rechts und es heißt „Lady’s First“! Am Samstag, den 09.09.2017, kam Frau Kipping in Begleitung des Bundestagskandidaten Thorsten Felstehausen und der Bundestagsabgeordneten und hessischen Landeslistenführerin Sabine Leidig zu einem Wahlkampfaufftritt auf der Treppenstraße in Kassel.
Wahlkampfstimmung in der Innenstadt von Kassel: Nach Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen ) und Martin Schulz (SPD), ist auch Katja Kipping (DIE LINKE) nach Kassel gereist. Nach einigen Stunden auf der Documenta, wo sie schon den einen oder anderen Blick auf sich gezogen hat, kam sie um ca. 16:30 Uhr bei der Treppenstraße an. Vor ihrer Rede nahm sich Katja Kipping noch fünf Minuten für ein spontanes Interview mit dem UMLAUF.
UMLAUF: Guten Tag Frau Kipping, könnten Sie sich bitte kurz vorstellen?
Katja Kipping: Guten Tag, mein Name ist Katja Kipping, ich bin die Vorsitzende der Partei DIE LINKE.
UMLAUF: Wieso sind Sie „nur “ die Vorsitzende und nicht auch die Spitzenkandidatin Ihrer Partei für die Bundestagswahl?
Katja Kipping: „Nur“ Vorsitzende ist gut (sie lacht). Ich finde, die Parteivorsitzende zu sein in so einer tollen Partei wie DIE LINKE, ist eine große und verantwortungsvolle Aufgabe. Wir haben bei uns die Entscheidung getroffen, dass es ein Spitzenkandidatenteam gibt, was zusammen den Wahlkampf führt, und dass die beiden jetzigen Fraktionsvorsitzenden (Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch) die Spitzenkandidaten sind. Aber ehrlich gesagt, ich kann mich nicht beschweren, was gerade Terminanfragen, Talkshowauftritte, Interviewanfragen und große Kundgebungen anbelangt. Es gibt genügend Termine für jeden von uns aus unserem Spitzenteam.
UMLAUF: An meinem Gymnasium sind viele Erstwähler, die zum Beispiel in diesem Jahr erst volljährig geworden sind.Wie wollen Sie die überzeugen, dass sie ihr „erstes Mal“ der Partei DIE LINKE schenken werden?
Katja Kipping: Am liebsten würde ich persönlich die Schülerinnen und Schüler fragen, was ihrer Meinung nach gut läuft und was sich ihrer Meinung nach ändern muss, aus ihrem eigenen privaten und persönlichen Erleben heraus. Da es jetzt im Interview nicht geht… (sie lacht), würde ich es doch pauschaler beantworten und sagen, DIE LINKE ist die Partei, die verlässlich dafür streitet, dass alle Menschen von Armut befreit werden, und es heißt zum Beispiel konkret, dass wir für jedes Kind für eine Kindergrundsicherung streiten, dass wir für ein elternunabhängiges BAföG im Höhe von 1050 Euro streiten, und wir sind die Partei, die solche Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz ganz entschieden in Angriff nimmt.
UMLAUF: Ihre Zukunftaufgaben und ihre Projekte, wie wollen Sie die finanzieren?
Katja Kipping: Wir sind die einzige Partei, die keine Großspenden im Wahlkampf annimmt und die in diesem Wahlkampf wirklich sagt, wie man alles finanzieren soll. Denn wir haben ein Steuerkonzept vorgelegt, das Mehreinnahmen von 180 Milliarden Euro bringt. Denn wir sagen ganz klar, Millionenerbschaften, Vermögen oberhalb von 1 Million, die müssen stärker besteuert werden, damit wir Geld haben für die Bildung und den Kampf gegen die Armut. Unser Einkommenssteuermodell entlastet die Menschen mit mittlerem Einkommen, aber wir sagen auch, dass jemand, der ein Jahreseinkommen von über einer Million Euro hat, dann ab dem ersten Euro über 1.000.000€ 75% Steuern zahlen muss. Denn ich finde, ein Jahreseinkommen von über einer Million, das kann man nicht mehr mit Leistung begründen. Die Frage ist doch, wie viel kann jemand mehr leisten als beispielsweise eine Krankenpflegerin, die auch Nachtschichten ableistet, um eine Million zu begründen?
UMLAUF: Wie demokratisch ist DIE LINKE, man schaue sich doch die kommunistisch regierten Staaten wie Russland und China usw. an, wie distanzieren Sie sich von diesen kommunistischen Parteien dort?
Katja Kipping: Ja, vielleicht hilft es ja, einen Schritt zurück zu gehen und die Vorurteile beiseite zu legen, denn DIE LINKE ist eine Partei, die die Demokratie gerade vehement verteidigt, und zwar sowohl gegen Angriffe, die von Seiten der Regierung kommen, denn es ist eher die derzeitige Bundesregierung, die hier gerade Grund- und Freiheitsrechte entsprechend mit Füßen tritt, wenn es darum geht, mehr Überwachung zu einzuführen. Wir sind eine Partei, bei der das Wahlprogramm einen langen und demokratischen Prozess durchläuft. Wir fordern nicht nur Demokratie ein, z.B. durch die Möglichkeit eines Volksentscheides, sondern wir praktizieren das auch selber. Wir haben unser Wahlprogramm auf dem Bundesparteitag mit vielen Delegierten verabschiedet. Bei der CDU wird es eher nur noch beim Vorstand abgenickt.
UMLAUF: Was halten Sie von einer Rot-Rot-Grünen Koalition?
Katja Kipping: Ich würde gerne an einer Mitte-Links-Regierung mitwirken, die wirklich was in diesem Land verändert, z.B. alle Menschen von Armut befreit und eine friedliche Außenpolitik macht. Leider ist die SPD derzeit dafür zu schwach, sodass diese Koalition unmöglich wird. Daher kämpfen wir von DIE LINKE für den dritten Platz im Bundestag.
Danke für das Interview Frau Kipping.
(Als Dank für dieses nettes Interview haben wir von UMLAUF Frau Kipping und ihrer Sekretärin eine Ausgabe des DocUMLAUFen geschenkt, damit sie noch ein Erinnerungsstück von ihrem Documenta 14-Besuch hat, worüber sie sich sehr gefreut hat.)
Zurzeit des Interviews gab es die Reden von Thorsten Felstehausen und Sabine Leidig, sowie etwas Live-Musik von Künstlerinnen der Linksjugend [`solid], der Jugendorganisation der LINKEN.
Im Anschluss an das Interview kann sie ihre eigentlich geplante Rede mit leichter Verspätung anfangen. Auf der roten Bühne ist die junge 39-jährige rothaarige und rotgekleidete Vertreterin der Partei DIE LINKE nahezu unsichtbar – man kann erahnen, dass ihre Lieblingsfarbe auch Rot ist. Bei ihrer Rede betont Sie noch einmal das Wahlprogramm der LINKEN, mit einigen Witzen, kritisiert die Großspenden an die CDU und die FDP, kritisiert die Wahlprogramme der AfD und NPD, erwähnt auch, dass ihre Partei sogar unweltfreundlicher sei als die Grünen. Weder von Lob noch von Kritik getroffen, erscheint die SPD.
Zu dem Thema Hartz IV, bei dem sie den größten Beifall der Zuschauer erhält, sagt sie „Wir werden nie Frieden mit Hartz IV machen“ und betont somit einen Punkt im Wahlprogramm der LINKEn, die Hartz IV durch eine sanktionsfreie Grundsicherung von 1050€ ersetzen will. Sie fügt hinzu: „Wir geben uns nicht damit ab, dass irgendjemand in Armut leben muss.“ Schließlich dürfen die Zuschauer ihr noch persönlich Fragen stellen oder Bilder mit ihr machen, sodass sie noch bürgernaher wirkt. Dann verabschiedet sie sich und geht zusammen mit ihrem Team über die Obere Königsstraße weiter über den Königsplatz und den Altstädter Friedhof in Richtung Lutherplatz, um an einer weiteren linken Kundgebung teilzunehmen.
Auf dem Weg dahin richten sich wieder viele Blicke auf sie, am meisten, als sie neben ihrem eigenen Wahlplakat entlanggeht. Aber Selfie-Anfragen oder sonstige Fragen wie bei der Treppenstraße gibt es nicht, da niemand erwartet, dass eine berühmte politische Prominenz wie Katja Kipping auf der Königsstraße bummelt.
Weitere Impressionen:
UPDATE:
Direkt nachdem unserer OnlineArtikel samt Interview mit Katja Kipping veröffentlicht wurde, bedankte sie sich beim UMLAUF öffentlich auf ihrer Twitterseite:
Der Link zum Beitrag von Katja Kipping: https://twitter.com/katjakipping/status/909781846086569984