„Liebesgrüße nach Moskau!“ steht auf dem T-Shirt eines Demonstranten im Rahmen des CSD in Kassel. Darunter ein mit Photoshop ins Abstrakte gezerrtes Bild des derzeitigen russischen Präsidenten Wladimir Wladimirowitsch Putin, der in dieser Darstellung gut als Homosexueller durchgehen würde. Dieses Shirt wirkt zunächst witzig, bringt aber eine ernste, eindeutig politische Botschaft zum Ausdruck: Hier gehen die Menschen gegen Putin und die neuen Gesetze seiner Regierung auf die Straße. Gesetze, die das Leben homosexueller Menschen in Russland extrem einschränken.
Dieses Thema ist auch für Schülerinnen und Schüler des Goethe-Gymnasiums interessant, denn immerhin findet jedes Jahr ein Schüleraustausch mit Jaroslawl statt, welcher dann schlimmstenfalls wegfallen würde. Den meisten gefällt die Idee der Städtepartnerschaft, und vor allem viele Russisch-Schüler freuten sich auf den diesjährigen Besuch ihrer Austauschpartner. „Die Partnerschaft mit Jaroslawl ermöglicht, neue Leute kennenzulernen und sich auszutauschen“, sagt Vidana aus der 9d. Dem können auch andere Befragte nur zustimmen, kritische Worte über die Partnerschaft zu Jaroslawl sind nicht zu vernehmen. Die Forderung des CSD-Vereins Kassel dagegen überrascht. Sophie aus dem Jahrgang 9 sagt hierzu: „Der Abbruch wurde ja wegen der neuen Gesetze gegen Homosexualität gefordert und gegen diese bin ich ja auch, aber die haben doch nichts mit der Städtepartnerschaft zu tun.“ Vidana sieht das ähnlich: „Es geht ja um ein politisches Zeichen, warum muss man dafür die Partnerschaft aufgeben? Was hat ein Schüler-Austausch mit Politik zu tun? Andererseits muss man ja irgendwas gegen diese Gesetze tun.“ Maximilian (ebenfalls Jahrgang 9) äußert sich folgendermaßen: „Ehrlich gesagt, finde ich es schon ein bisschen eklig, wenn zum Beispiel zwei Männer sich küssen, aber trotzdem sollte es nicht verboten werden! Das ist nicht menschenwürdig! Aber der Austausch muss bestehen bleiben.“
„Eine Städte-Partnerschaft ist doch eigentlich dazu da, Meinungen auszutauschen! Man sollte sich mit Russland austauschen und die Partnerschaft nutzen, anstatt sie zu beenden! Das Problem wird von der falschen Seite angegangen.“ Das ist die Meinung einer Pride-Besucherin, die wohl den Nagel auf den Kopf trifft. Denn was hier in Deutschland für viele erstmal nur eine schlimme Vorstellung ist, ist in Russland bittere Realität, an der ein Kontaktabbruch vermutlich auch nichts ändert. Der Magistrat Kassel hat in keiner Form auf die gestellte Forderung reagiert, aber eines ist klar: Dürften die Befragten darüber entscheiden, bliebe die Städtepartnerschaft noch lange erhalten.