Deutschland wählt – Und alle machen mit

Am Sonntag ist es wieder soweit. Es ist Bundestagswahl, die Bürger walten ihres Amtes und entscheiden über die Zukunft ihres Landes. Oder bestimmen, wen sie entscheiden lassen wollen. Doch der Ausblick ist alles andere als rosig: Die Politikverdrossenheit der Jugend ist kaum von der Hand zu weisen, Politiker fürchten eine Wahlbeteiligung, die alle vorherigen unterbieten könnte, Spitzenkandidaten wandern von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen und schießen sich selbst und gegenseitig ins Abseits. Und Mama Merkel sitzt im Kanzleramt und dreht Däumchen beziehungsweise rotiert ihre Raute (wie auch immer sie das macht). 

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Welcher Stift malt am besten? (Quelle: BirgitH / pixelio.de)

Aber es ist nicht alles trist und grau in Deutschland. Es gibt noch einige Parteien, die im Wahlkampf alles geben und versuchen, mit allen Mitteln Wähler für sich zu gewinnen. Diese Armee der kleinen Parteien bläst nun zum Angriff auf die Kolosse von Berlin und macht die Wahl wieder spannend (auch wenn die Erfolgsaussichten extrem gering sind). Durch Witz und Kreativität stellen sie die etablierten Parteien in den Schatten. Während der Einfallsreichtum von SPD respektive CDU beim Steinbrück’schen Mittelfinger oder der Merkerl’schen Fingerraute endet, fahren beispielsweise die Freigeister der NPD mit kecken Sprüchen wie „Geld für die Oma statt für Sinti & Roma“ oder „Ist der Ali kriminell, in die Heimat aber schnell!“ die ganz großen Geschütze auf. Da ist ja fast schon vergeben und vergessen, dass die Jungs mit den netten Frisuren und polierten Stiefeln seit Jahren Springseil springen mit der Grenze zum Verfassungsbruch. Die Genialität im Wahlkampf der NPD hat sogar schon einige Nachahmer gefunden. Die Newcomer unter den Underdogs der Aspiranten auf einen Platz direkt hinter der FDP, die PARTEI (die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative) überklebte kurzerhand alle NPD-Plakate mit ihren eigenen NPD-Plakaten. 

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Wahlkampf at its best

Die PARTEI ist wohl unumstritten die Partei mit dem ehrlichsten und authentischsten Hintergrund. Gestartet als Projekt des Satiremagazins Titanic in 2004 ist das Programm unverändert. Ein kleiner Einblick aus dem 13 Punkte umfassenden Wahlprogramm: Abschaffung der Sommerzeit, G1-Schulsystem (Abitur nach der fünften Klasse), der Wiederaufbau der Berliner Mauer und letztlich Punkt 13: Das Bier entscheidet. Martin Sonneborn, ehemaliger Chefredakteur der Titanic (was ein Zufall) und jetziger Parteivorsitzender erwartet wohl zurecht ein starkes Wahlergebnis und signalisiert schon jetzt Koalitionsbereitschaft. Mit allen Parteien, außer der FDP, denn „Wir sind schließlich keine Spaßpartei“. Der Wahlkampf hätte für die PARTEI kaum besser laufen können. Die Glatzensafari, bei der Sonneborn persönlich mit einigen chinesischen Touristen im Jeep durch Berlin fuhr, um einige Anhänger der NPD in ihrem natürlichen Habitat zu beobachten, oder die iDemo, bei der jeder Teilnehmer auf einem Tablett seine eigenen Parolen à la „Ist das Politik oder kann das weg?“ verfassen konnte, waren volle Erfolge. 

Zu den anderen Anwärtern gehören noch die Partei der Vernunft, die einen Minimalstaat fordert, die mittlerweile relativ populäre Alternative für Deutschland (AfD), die den Euro abschaffen will, und die Partei der Nichtwähler (kein Scherz, die gibt es wirklich), die sich als Alternative zur Stimmenthaltung sieht. Ob es eine dieser Parteien in den Bundestag schafft, ist fraglich, doch zwei Dinge machen ihnen Mut: Die FDP zu schlagen, ist auf jeden Fall möglich, und in Polen hat es 1991 mal die Partei der Bierfreunde mit ganzen 16 Sitzen ins Parlament geschafft. Wer weiß, was passiert, vielleicht wird ja in ein paar Monaten die Koalition mit der PARTEI, der Tierschutzpartei und der Feministischen Partei unter Kanzler Martin Sonneborn beschlossen.

Nachtrag: Natürlich macht es Spaß, die Politik ab und an etwas durch den Kakao zu ziehen. Doch trotz aller Witze und zynischer Kommentare bleibt eine ernste Wahrheit: Wählen ist wichtig. Wir haben Glück, in einem Land zu leben, in dem unsere Stimme gehört wird und etwas bedeutet. Die große Mehrzahl der Menschen auf dieser Welt hat diese Chance nicht. Die UMLAUF-Redaktion möchte daher allen Wahlberechtigten Schüler und Schülerinnen, Eltern, Lehrer und Lehrerinnen und alle Leser und Leserinnen sagen: Geht wählen! Denn das Wahlrecht beinhaltet auch Wahlverantwortung. Wer am 22. September zu Hause bleibt, regiert nicht, sondern wird regiert.