Auf der Frankfurter Buchmesse findet tendenziell jeder das, wonach er sucht: Nicht nur die Literatur der drei großen Gattungen Lyrik, Epik und Dramatik ist vertreten, sondern es gibt auch Zeitungen und Zeitschriften, Fach- und Sachbücher, Biographien und Reportagen aller Art. Darüber hinaus präsentieren sich etliche Organisationen, Vereine und Fernsehshows, die sich mit Büchern, Zeitungen oder anderen Texten oder dem Schreiben und/oder Lesen solcher befassen. Aber auch Graphic Novels, Comics und Mangas haben hier in den letzten Jahren Einzug gehalten. Und vor allem Massen derer Fans.
Gefühlte 60 Prozent der Besucher der Buchmesse sind farbenfroh verkleidet als Charaktere von Mangas und Comics, Animes, Cartoons und unterschiedlichster Videospiele, Science Fiction oder Fantasy-Büchern und Filmen. Beindruckend sind diese so genannten Cosplayer auf jeden Fall, aber jetzt stellt sich doch noch eine Frage: Was hat das eigentlich auf einer Buchmesse zu suchen?
Cosplay ist ein aus Japan stammender Verkleidungstrend, bei dem man sich als eine Figur (meist an Anime oder Manga orientiert, den japanischen Äquivalenten zu Comic und Cartoon) verkleidet.
Von vielen der nicht verkleideten Besuchern hören wir allerdings missmutige und abschätzige Kommentare: „Ist denn schon wieder Fasching? Was wollen die denn eigentlich hier?“, war in den Gängen der Frankfurter Messehallen oft zu hören. Berechtigte Fragen? „Ich kann es ja verstehen, wenn man sich wie jemand aus einem Buch anzieht, oder wenigstens wie aus einem Comic und meinetwegen auch Manga, aber die, die sich als Film- oder Videospiel Figuren verkleiden, haben da nichts verloren. Auch diese Stände, die irgendeinen Mist verkaufen, aber nicht mal irgendwelche Bücher, ich meine, das ist doch eine Buchmesse, oder?“, sagt eine Besucherin der Messe, die zum unkostümierten Teil der Anwesenden zählt.
In der Tat verkaufen einige Stände Fanartikel, die man für gewöhnlich auf Cosplayveranstaltungen erwartet: Poster, Plüschtiere, Figuren, Accessoires etc., aber eben keine Bücher.
Auf die salopp formulierte Frage, was Cosplay auf einer Buchmesse verloren habe, antwortet uns eine junge Cosplayerin, die auch auf der Frankfurter Buchmesse als solche unterwegs war, ebenso locker: „Also eigentlich hat Cosplay auf einer Buchmesse gar nichts verloren, aber gäbe es den Manga-Anime-Teil nicht, würden die doch 80% ihrer Einnahmen verlieren.“
So unrealistisch klingt das bei einem Blick auf die Internetseite der Frankfurter Buchmesse gar nicht einmal, denn ein doch recht großer Teil der Messe wird von dem Bereich „Comics“ eingenommen, und auch einige Vereine und Verleger dieser Sparte sind 2015 auf dem Gelände anwesend. Und: Am Sonntag der Messe wurde das Finale der Deutschen Cosplaymeisterschaft ausgetragen, ein Event, das sich kaum ein deutscher Cosplayer entgehen lassen will. Das Thema Cosplay hat sogar seinen eigenen Platz in der Rubrik „Comics“ gefunden, offiziell betitelt als „Cosplay Corner 2015“.
„Jedes Jahr mehr Cosplayer“, schreibt schon 2014 der Manga-Verlag EMA auf seiner Internetseite, und das stimmt, wenn auch die kritischen Stimmen nicht zu überhören sind: „Dieses „Cosplay ist wie eine Seuche“, sagt hierzu ein weiterer Messebesucher.
Aber es ist unverkennbar, dass die Frankfurter Buchmesse bewusst sowohl Buchmesse als auch Anime- und Manga-Convention ist. Bestimmte Bereiche der Messe sind auf diese Fans fokussiert, Anime- und Manga-Fans sind eindeutig die Zielgruppe bestimmter Abschnitte oder einzelner Stände und Händler. So sind auch große Cosplay-und Anime-Vereine wie zum Beispiel Animexx und Cosday E.V. anwesend, und auch das Cosplaymeisterschafts-Finale findet auf der Messe statt. Als reine Buchmesse kann man die Frankfurter Buchmesse also kaum noch bezeichnen. Aber es liegt eben im Auge eines jeden, dies als Fluch oder Segen zu betrachten.